Wie in jeder demokratischen Rechtsordnung besteht in Deutschland das Prinzip der Testierfreiheit: Das Recht, frei über sein Vermögen letztwillig zu verfügen. Dabei handelt es sich nicht nur um eine zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeit als Ausfluss der Privatautonomie, sondern ein verfassungsmäßiges Grundrecht gemäß Art. 14 GG. Dieser freiheitliche Grundsatz ist jeder europäischen Rechtsordnung inhärent.

Die allgemeine Testierfreiheit erfährt im bundesdeutschen Recht eine Privilegierung und gleichzeitig eine Einschränkung, wenn Ehepartner und eingetragene Lebenspartner gemeinschaftlich testieren. Gemäß § 2064 BGB handelt es sich bei der Testierfreiheit um ein höchstpersönliches Recht, das nicht auf Dritte übertragen werden kann. Als Lebens- und Schicksalsgemeinschaft gesteht das deutsche Recht Ehe- und eingetragenen Lebenspartnern als Ausnahme hiervon jedoch das Recht zu, gemäß § 2265 BGB (ggf. iVm § 10 Abs. 4 LPartG) gemeinschaftlich ein Testament zu errichten. Auch dies kann als Ausfluss des verfassungsmäßigen Grundrechts des besonderen staatlichen Schutzes der Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG angesehen werden.

Von der Möglichkeit des gemeinschaftlichen Testaments wird in Deutschland rege Gebrauch gemacht. Besonders das Berliner Testament, bei dem der Überlebende als Alleinerbe und – in aller Regel – die gemeinsamen Kinder als Schlusserben eingesetzt werden, erfreut sich großer Beliebtheit.

Rechtsanwälten und Notaren kommt hier die Aufgabe zu, die Testierenden darauf hinzuweisen, dass der Widerruf eines gemeinsamen Testaments, anders als bei einem Einzeltestament, nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen kann.

Ein Widerruf von wechselbezüglichen Verfügungen kann gemäß § 2271 BGB dabei einseitig nur zu Lebzeiten von beiden Testatoren erfolgen und bedarf darüber hinaus der notariellen Beurkundung. Diese Einschränkung der Widerrufsmöglichkeit einer letztwilligen Verfügung ist freilich recht und billig, schützt sie doch den nichtwiderrufenden Testator davor, an eine wechselbezügliche Verfügung gebunden zu sein, die er so nicht bestimmt hätte, wenn er von dem Widerruf des anderen Testators gewusst hätte. Die eingeschränkte Widerrufsmöglichkeit bei gemeinschaftlichen Testamenten ist mithin ein zwingender Annex zu diesem Konstrukt.

In der bundesdeutschen Rechtsprechung und Lehre wird dementsprechend kaum die damit einhergehende faktische Einschränkung der Testierfreiheit diskutiert. Schließlich gab es die Möglichkeit, auf deutschem Boden gemeinschaftlich ein Testament zu errichten, bereits unter dem Bayerischen Landrecht[4] von 1756 sowie dem Allgemeinen Preußischen Landrecht[5] von 1794.

[4] In Form der Einheitslösung, d. h. der überlebende Ehepartner wird zunächst Vollerbe, Dritter wird bei Tod des zweiten Ehepartners Schlusserbe.
[5] In Form der Trennungslösung, d. h. der überlebende Ehepartner wird Vorerbe, Dritter wird bei Tod des zweiten Ehepartners Nacherbe.

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