Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger kann aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt von dem Beklagten die Vorlage einer Testamentsablichtung und eines Nachlassverzeichnisses verlangen.

1. Eine Auskunftspflicht ergibt sich insbesondere nicht aus einer Erbenstellung des Klägers. Dabei kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Miterbe die Vorlage einer Testamentsablichtung und ein Nachlassverzeichnis verlangen kann (einschränkend BGH NJW-RR 1989, 450; vgl. die Übersicht bei Damrau-Schmalenbach, Erbrecht, 3. Aufl. 2014, § 2027 Rn 2), da nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger Erbe des Erblassers geworden ist.

a) Die Erbenstellung des Klägers ergibt sich nicht aus den §§ 1937, 1941 BGB durch gewillkürte Erbfolge. Der Kläger behauptet nicht, dass der Erblasser ihn durch Testament oder Erbvertrag als Erben eingesetzt habe, sondern trägt vor, mangels Kenntnis des Testaments zu dessen Inhalt keine Angaben machen zu können.

b) Eine Erbenstellung des Klägers ergibt sich nicht aufgrund gesetzlicher Erbfolge aus den §§ 1922, 1924 Abs. 1 BGB.

aa) Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht als Abkömmling des Erblassers anzusehen ist. Auf die Rechtsstellung des Klägers nach dem Tod seines Vaters ist die Fiktion des § 1589 Abs. 2 BGB in der bis zum 30.6.1970 geltenden Fassung anzuwenden. Die einschlägige Übergangsvorschrift des Art. 12 § 10 Abs. 2 S. 1 NEhelG in der bis zum 28.5.2009 geltenden Fassung ordnet diese Anwendung an, da der Kläger am 29.10.1943, und damit vor dem Stichtag des 1.7.1949, geboren ist. Etwas anderes gilt auch nicht nach der Übergangsvorschrift des Art. 12 § 10 Abs. 1 S. 1 NEhelG in der ab dem 29.5.2009, geltenden Fassung, da der Erblasser am 3.5.2009 und damit vor dem Rückwirkungsstichtag der Gesetzesänderung, gestorben ist.

bb) Eine Auslegung des § 1589 Abs. 2 BGB sowie der Übergangsvorschriften des Art. 12 § 10 NEhelG in dem Sinne, dass der Kläger als Abkömmling des Erblassers anzusehen ist, scheidet aus.

(1) Zwar ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Betracht zu ziehen, dass es bei der Anwendung der Übergangsvorschriften des NEhelG zu einem Verstoß gegen die Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommen könnte.

Dabei kann dahinstehen, ob bereits aufgrund der unstreitigen Kontakte eine familiäre Beziehung zwischen dem Kläger und dem Erblasser bestand, die im Licht der Rechtsprechung eine Anwendung des Art. 8 EMRK (vgl. EGMR Brauer./.Deutschland, ZEV 2009, 510 mwN; Marckxs./.Belgien NJW 1979, 2449) rechtfertigt. Hierbei dürfte es nach den durch den EGMR benannten Kriterien, entgegen der Auffassung des Beklagten, auf den tatsächlichen Kontakt des Klägers mit dem Erblasser ankommen, nicht aber darauf, wie dieser Umgang für diesen oder weitere Familienmitglieder emotional besetzt war.

Nach der neueren Rechtsprechung des EGMR ist der Schutzbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 14 EMRK aufgrund Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK (Schutz des Eigentums) nämlich auch dann eröffnet, wenn dem Betroffenen ein Vermögenswert ganz oder teilweise aus einem diskriminierenden Grund verweigert worden ist, der unter Art. 14 EMRK fällt. Der entscheidende Gesichtspunkt ist demnach, ob der Betroffene ohne die gerügte Diskriminierung einen nach staatlichem Recht durchsetzbaren Anspruch auf einen Vermögenswert gehabt hätte (vgl. EGMR, Urteil vom 7.2.2013 Fabris./.Frankreich, BeckRS 2013, 07656 (englische Fassung) = ZEV 2014, 491, 492 Rn 52; aA BGH NJW 2012, 231, 235 Rn 56). Dies kommt vorliegend bei Anwendung des § 1589 Abs. 2 BGB aF in Betracht, da der Kläger als eheliches Kind ein gesetzliches Erbrecht gehabt hätte. Dass die Übergangsvorschriften einen Teil der nichtehelichen Kinder, die nach dem Stichtag des 1.7.1949 geboren sind, sowie einen weiteren Teil für ab dem 29.5.2009 eingetretene Erbfälle besserstellen, vermag die individuelle Betroffenheit des Klägers nicht zu mildern, da diese ihn – anders als andere nichteheliche Kinder – nicht von der Anwendbarkeit dieser Vorschrift ausnehmen.

Nachdem der EGMR (Fabris./.Frankreich ZEV 2014, 491, 492 Rn 66 aE) auch bei einem durch eine Übergangsvorschriften geregelten Sachverhalt eine Einzelfallabwägung zwischen den Interessen der Allgemeinheit und denen der betroffenen Personen nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit für erforderlich gehalten hat, könnte eine solche individuelle Prüfung nach der EGMR auch bei Anwendung der Übergangsvorschriften des Art. 12 § 10 NEhelG geboten sein (in diesem Sinne Leipold, ZEV 2014, 449, 452 f). Es ist nicht ausgeschlossen, dass im vorliegenden Fall bei der Anlegung der in der vorgenannten Entscheidung von dem EGMR angewandten Kriterien die Abwägung zugunsten des Klägers ausfallen würde, sodass eine Anwendung der Übergangsvorschrift einen Konventionsverstoß nach sich zöge.

(2) Gleichwohl kommt eine von Teilen der Lit...

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