Die Beschwerde ist gemäß 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. (...) Die Beschwerde ist begründet. Erben der Erblasserin sind in Bezug auf den Grundbesitz in Deutschland die Beteiligten zu 1) bis 4) zu je ¼ Anteil geworden.

Der Erbscheinsantrag ist auf den unbeweglichen Nachlass in Deutschland beschränkt; insoweit ist deutsches Erbrecht anzuwenden. Das maßgebliche Erbstatut richtet sich, wenn der Erblasser – wie hier die Erblasserin – türkischer Staatsangehöriger war, nach dem Konsularvertrag zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reich vom 28. Mai 1929 (RGBl 1930 II S. 747; 1931 II S. 538; BGBl 1952 II S. 608); dieses zwischenstaatliche Abkommen geht der innerstaatlichen Regelung des Art. 25 EGBGB vor (vgl. BGH NJW-RR 2013, 201). Nach Ziff. 14 der Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrags bestimmen sich die erbrechtlichen Verhältnisse in Ansehung des beweglichen Nachlasses nach den Gesetzen des Landes, dem der Erblasser zur Zeit seines Todes angehörte. Die erbrechtlichen Verhältnisse in Ansehung des unbeweglichen Vermögens hingegen bestimmen sich nach den Gesetzen des Landes, in dem dieser Nachlass liegt, und zwar in der gleichen Weise, als wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes Angehöriger dieses Landes gewesen wäre; hinsichtlich des unbeweglichen in Deutschland gelegenen Nachlasses mithin nach deutschem Erbrecht.

Aufgrund dessen beträgt das Ehegattenerbrecht des Beteiligten zu 1) gemäß § 1931 Abs. 1 BGB ¼ neben den Beteiligten zu 2) bis 4) als den noch lebenden Kindern. Eine Erhöhung des Ehegattenerbteils auf der Grundlage des § 1371 Abs. 1 BGB findet hier nicht statt.

In der vorliegenden Konstellation stellt sich die streitige Frage, ob die Vorschrift des § 1371 Abs. 1 BGB allein güterrechtlich oder zugleich güterrechtlich und erbrechtlich (Theorie von der Doppelqualifikation) einzuordnen ist (zum Meinungsstreit s. nur Senat ZEV 2012, 205), nicht. Denn da hier nach der oben dargestellten Rechtslage für den unbeweglichen Nachlass in Deutschland das deutsche Erbrechtsstatut gilt, käme die Vorschrift dann, wenn auch deutsches Ehegüterrecht zur Anwendung käme, nach beiden Theorien gleichermaßen zur Anwendung. Im vorliegenden Fall hängt die Anwendung der Vorschrift daher allein davon ab, ob hinsichtlich des in Deutschland gelegenen Grundbesitzes auch das deutsche Güterrechtsstatut gilt. Dies ist nicht der Fall.

Gemäß Art. 220 Abs. 3 Satz 2 BGB ist auf die im Jahre 1970 geschlossene Ehe für die Zeit nach dem 8.4.1983 Art. 15 EGBGB anzuwenden. Dies führt, da beide Ehegatten die türkische Staatsangehörigkeit hatten, gemäß § 15 Abs. 1 iVm§ 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB zu einer Verweisung auf das türkische Recht, nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unter Einbeziehung des ausländischen internationalen Privatrechts. Das internationale Privatrecht der Türkei ist im Gesetz über das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht vom 27.11.2007 (IPRG) geregelt. Art. 15 Abs. 2 dieses Gesetzes enthält die folgende Regelung:

"Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung findet bei unbeweglichem Vermögen das Recht des Ortes der Belegenheit Anwendung". (Übersetzung nach Bergmann/Ferid/Henrich/Rumpf/Odendahl, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Türkei, Stand Mai 2013, Seite 55.)

Dabei handelt es sich in Bezug auf den in Deutschland befindlichen unbeweglichen Nachlass um eine Rückverweisung auf das deutsche Recht. Zu einer Anwendung des § 1371 Abs. 1 BGB führte diese Rückverweisung, die vom deutschen Recht durch Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB angenommen wird, indes nur dann, wenn sie sich in gegenständlicher Hinsicht als Verweisung auf das Güterrecht des Belegenheitsstaates darstellte und zudem in zeitlicher Hinsicht eine Rückwirkung auf vor Inkrafttreten des Gesetzes (hier im Jahre 1989) erworbenen Grundbesitz entfaltete. An der erstgenannten Voraussetzung fehlt es, ohne dass es einer Prüfung der zweiten Voraussetzung bedarf.

§ 1371 Abs. 1 BGB wird von der Verweisung in Art. 15 Abs. 2 IPRG nicht erfasst. § 1371 BGB setzt – da die Vorschrift an die Beendigung des Güterstandes durch den Tod eines Ehegatten anknüpft – die Entstehung einer Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts voraus; eine solche wird durch die Verweisung in der genannten Vorschrift des türkischen Rechts indes nicht begründet. Denn diese verweist auf das Recht des Lageortes lediglich in Ansehung der "Auseinandersetzung" der ehelichen Güter. Zudem stellt § 1371 Abs. 1 BGB keine Auseinandersetzungsregelung dar. Denn die Vorschrift knüpft an den Tod eines Ehegatten an und sieht für diesen Fall eine (pauschale) Abgeltung des schuldrechtlichen Zugewinnausgleichs durch eine Erhöhung der Erbquote vor. (...)

ZErb 6/2014, S. 173 - 174

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