Tatsächlich bieten einige spanische Erbrechte des Öfteren willkommene Alternativen zur Gestaltung letztwilliger Verfügungen auch deutscher Erblasser. In diesem Fall besteht die Schwierigkeit jedoch darin, die Anwendung des gewünschten Rechts bereits vorab mit kalkulierbarer Sicherheit zu erreichen.

Zwar existieren hier diverse Erbrechte. Deren interlokale Anwendbarkeit richtet sich aber auch nach territorialen Kriterien. Für Ausländer gilt hier nach überwiegender Ansicht mittelbar auch der gewöhnliche Aufenthaltsbegriff nach der EuErbVO.[21] Für den deutschen Erblasser bedeutet dies grundsätzlich, dass er entweder deutsches Recht gem. Art. 22 EuErbVO wählen oder gem. Art. 21 EuErbVO das Recht zur Anwendung kommen lassen kann, welches in Spanien am Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gilt. Die zweite Alternative setzt freilich voraus, dass der gewöhnliche Aufenthalt noch zum Zeitpunkt des Todes bzw. zum Zeitpunkt der letztmaligen Geschäftsfähigkeit besteht. Denn nur so kann bei einfacher letztwilliger Verfügung das entsprechende Recht zu Anwendung kommen.

Nicht immer kommt es zu den weiter oben problematisierten Grenzfällen. In vielen Fällen ist der letzte gewöhnliche Aufent- halt vielmehr mit recht hoher Sicherheit vorhersehbar. Es gilt dabei zu beachten, dass auch in den Fällen, in denen für den Erblasser nur die Alternative des Verbleibens am gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland oder aber die Rückkehr nach Deutschland vorstellbar ist, eine Rechtswahl ebenfalls unratsam ist, wenn durch das spezielle spanische Recht der sachrechtliche Wille des Erblassers besser umzusetzen ist. Zwar "schützt" dies nicht vor der Anwendung deutschen Rechts, wenn der gewöhnliche Aufenthalt zu Lebzeiten doch noch gewechselt wurde. Jedenfalls wurde aber die Chance zur Anwendung "passenderen" Rechts wahrgenommen, die bei sofortiger Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts gar nicht bestanden hätte.

In Fällen, in welchen entweder eine hohe Wahrscheinlichkeit des Verbleibs am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts oder aber eine bloße Alternativlage vorliegt, ist eine besonders sorgfältige sachrechtliche Abwägung zwischen der Anwendung des deutschen Rechts und der des speziellen spanischen Rechts ratsam, da sich hinsichtlich der Qualität der Rechtssicherheit im Vergleich zur Rechtswahl annähernd kein Unterschied ergibt.

Die sachrechtliche Abwägung gliedert sich in zwei Teile. Zunächst gilt es, eventuelle Form- und Wirksamkeitsanforderungen der Bekundung des letzten Willens zu beachten. Besteht das Bedürfnis nach einem gemeinschaftlichen Testament und einem Erbvertrag, bestehen in vielen, aber nicht in allen spanischen Erbrechten bereits Einschränkungen. Oft ist ein Erbvertrag und/oder gemeinschaftliches Testament nicht vorgesehen. Anders ist dies etwa auf den Balearen und in Katalonien. Hier sind Erbverträge gesetzlich grundsätzlich erlaubt.[22] In vielen anderen Foralrechtsgebieten ist zudem das gemeinschaftliche Testament zulässig.[23]

Ist der letzte Wille in der gewünschten Form zulässig, schließt sich bei der Abwägung, ob das deutsche oder das spezielle spanische Recht präferiert werden sollte, die materiell-rechtliche Synopse an. Auffällige Unterschiede ergeben sich dort fast flächendeckend bei der Ausgestaltung des Erbrechts des überlebenden Ehegatten. Dieser genießt nicht, wie etwa in Deutschland, ein "echtes" Erbrecht, sondern wird nur durch ein Nießbrauchsrecht am Nachlass befriedigt. Die Quoten dieses Nießbrauchsrechts variieren dabei innerhalb der spanischen Erbrechte bisweilen stark; sie reichen von einem Drittel bis zu einhundert Prozent.[24] Auch hinsichtlich des Pflichtteilsrechts bestehen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach enorme Unterschiede zum deutschen Recht. Prominentestes Beispiel ist hierbei Navarra, welches überhaupt kein Pflichtteilsrecht vorsieht. Nur zur Umgehung eines Pflichtteilsrechts indes einen ggf. sogar nur fiktiven gewöhnlichen Aufenthalt in Navarra zu kreieren, ist weniger empfehlenswert, da selbst bei grundsätzlicher Bejahung des letzten gewöhnlichen Aufenthalts in Navarra ein Verstoß gegen den ordre public vorliegen könnte.

[21] Vgl. Oppermann, Die Unteranknüpfung nach der EuErbVO im Mehrrechtsstaat Spanien, 103 ff, 124.
[22] Gem. Art. 50 CDCIB auf Mallorca; gem. Art. 431-1 ff. Código Civil de Catalauña in Katalonien.
[23] So etwa in Galicien, Aragonien, Biskaya und Gipuzkoa.
[24] Vgl. Oppermann, Die Unteranknüpfung nach der EuErbVO im Mehrrechtsstaat Spanien, 62 ff, 101.

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