Die Beschwerde ist unbegründet, denn zwischen den Beteiligten dieses Verfahrens steht aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des LG München II vom 2.8.2013 fest, dass der Beteiligte zu 2 Erbe ist.

An diese Entscheidung ist das Nachlassgericht bei seiner Entscheidung über den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2 gebunden. Dies folgt aus der Vorgreiflichkeit der Entscheidung des Landgerichts. Deswegen erweist sich der angefochtene Beschluss in der Sache als zutreffend.

1. Das Verhältnis des (streitigen) Feststellungsurteils, das im Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit ergeht, zum Erbscheinsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist im Gesetz nicht geregelt. § 322 Abs. 1 ZPO regelt den Umfang der Rechtskraft unmittelbar nur für spätere Zivilprozesse (Leipold in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. <2008> § 322 Rn 287). Die materielle Rechtskraft von Entscheidungen der Zivilgerichte ist jedoch innerhalb der objektiven und subjektiven Grenzen der Rechtskraft auch von den Gerichten anderer Gerichtszweige zu beachten (Büscher in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. <2015> § 322 Rn 126; MüKo-ZPO/Gottwald, 4. Aufl. <2013> § 322 Rn 66).

a) Nach herrschender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur bindet das das Erbrecht feststellende Urteil in den Grenzen der subjektiven Rechtskraft das Nachlassgericht bei seiner Entscheidung über die Erteilung eines Erbscheins (BayObLG FamRZ 99, 334, 335; MüKoBGB/J. Mayer, BGB, 6. Aufl. <2013> § 2359 Rn 35, Palandt/Weidlich, BGB, 75. Aufl. <2016> § 2353 Rn 7, NK-BGB/Kroiß, 4. Aufl. <2014> § 2359 Rn 7, Gierl in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 2. Aufl. <2014> § 2359 Rn 19; Überblick zum Meinungsstand bei Staudinger/Herzog, BGB <2010> § 2359 Rn 21).

Keine Bindungswirkung tritt im Verhältnis zu weiteren Erbprätendenten ein, die nicht am Rechtsstreit beteiligt sind. Bereits das BayObLG hat entschieden, dass "verbindliche Klarheit zwischen den Beteiligten darüber, wer von ihnen als Erbe anzusehen ist, nur im Feststellungsrechtstreit geschaffen werden [kann]..., das im Feststellungsrechtstreit ergehende Urteil [erwächst] in Rechtskraft zwischen den Parteien (§ 325 ZPO)." (BayObLG FamRZ 99, 334, 335; vgl. auch KG FamRZ 96, 1572,1575: "Die Bindung des Nachlassgerichts an ein rechtskräftiges Feststellungsurteil [entfällt] dann, wenn neben den Parteien des Feststellungsprozesses noch andere Personen als Erbprätendenten in Betracht kommen, deren schutzwürdige Belange das Nachlassgericht zu berücksichtigen hat."; ebenso Zimmermann ZEV 2010, 457, 461).

b) Auch nach Auffassung des Senats ist das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren an die rechtskräftige Feststellung des Erbrechts durch das Landgericht gebunden. Grund hierfür ist die präjudizielle Wirkung der Rechtskraft des Feststellungsurteils im Verhältnis zum nachfolgenden Erbscheinsverfahren (aA MüKoBGB/Mayer, aaO, § 2359 Rn 37 "verfahrensökonomische Gründe").

(1) Das (positive) Feststellungsurteil stellt zwischen den Parteien des Rechtsstreits (§ 325 ZPO) verbindlich das Erbrecht fest. Für den Umfang der Rechtskraft ist dabei einerseits maßgeblich, dass die Entscheidung über die begehrte Rechtsfolge, nicht über einzelne Ansprüche ergeht. Andererseits wird über alle denkbaren Einwendungen befunden, wobei aber auch das Übersehen von Teilen des vorgetragenen Sachverhalts nicht zu einer Einschränkung des Umfangs der Rechtskraft führt (MüKo-ZPO/Gottwald, aaO, § 322 ZPO Rn 120, HK-ZPO/Saenger, 6. Aufl. <2015> § 322 Rn 37) In Rechtskraft erwächst aufgrund des (positiven) Feststellungsurteils des Zivilgerichts mithin die Entscheidung, wer Erbe ist.

(2) Diese im Zivilprozess entschiedene Frage ist wiederum Vorfrage für das (spätere) Erbscheinsverfahren: Gemäß § 2353 BGB iVm §§ 2358, 2359 BGB iVm Art. 229 EGBGB § 36 ist dem Erben durch das Nachlassgericht ein Erbschein zu erteilen. Das Nachlassgericht muss somit ebenso wie das Zivilgericht die Frage klären, wer Erbe geworden ist. Damit entfaltet die im Ausgangsprozess festgestellte Rechtsfolge (Feststellung des Erbrechts) für das Folgeverfahren (Erbscheinsverfahren), in dem es um ebendiese Frage geht, präjudizielle Wirkung (Büscher in: Wieczorek/Schütze, aaO, § 322 ZPO Rn 126).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bindet hier die rechtskräftige Feststellung des Landgerichts München II, dass der Beteiligte zu 2 Erbe geworden ist, das Nachlassgericht hinsichtlich der Frage, ob ihm ein Erbschein zu erteilen ist. Das ist Folge der materiellen Rechtskraft und der präjudiziellen Wirkung des Feststellungsurteils (s. o.).

a) Aus der positiven Feststellung des Erbrechts des Beteiligten zu 2 folgt, dass der Beschwerdeführer hier auch nicht mit dem Einwand gehört werden kann, das Testament sei manipuliert. Die Unechtheit des Testaments wäre eine Einwendung, die vom Streitgericht bei seiner Entscheidung zu beachten gewesen wäre. Wenn das Landgericht dann feststellt, dass der Kläger Erbe geworden ist, dann hat es auch über diese Vorfrage entschieden, denn ein Feststellungsurteil entscheidet rechtskräftig über alle Ei...

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