Wird der geltend gemachte Pflichtteil "an Erfüllung statt" (§ 364 BGB) durch Übertragung des Eigentums eines Sachwerts abgegolten, wirkt sich die Qualifikation dieses Vorgangs als Tausch auch einkommensteuerlich aus: Der Sachwert gilt als veräußert, und zwar bei allen Einkunftsarten, ggf. also mit Gewinnrealisierung.[38] Für die Abgeltung eignen sich also primär solche Wirtschaftsgüter, die keine Einkommensteuer bei Veräußerung auslösen, z. B. mehr als zehn Jahre gehaltener Grundbesitz, ggf. auch Wertpapiere, sofern sie kaum Kursbewegungen in der Vergangenheit hatten bzw. sogar in der Verlustzone sind. Besonders interessant sind hier ältere höherverzinsliche Bundesanleihen mit einem aktuellen Kurswert über 100 %, die der Erblasser noch vor dem 1.1.2009 erworben hatte, der Abgebende als Erbe und damit Rechtsnachfolger also steuerfrei "veräußern" kann. Der so abgefundene "Erwerber" kann durch die unterstellte entgeltliche Anschaffung nach dem 31.12.2008 einen steuerrelevanten Veräußerungsverlust bis zur Einlösung zum Nennwert nutzen.

Die Abfindung für den Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteils ist bislang von der Rechtsprechung einkommensteuerlich noch nicht beurteilt worden. Die im ErbStG unter § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG fallenden Vorgänge haben aber jedenfalls nicht unmittelbar tauschähnlichen Charakter. Es ist deshalb davon auszugehen, dass hier keine Veräußerungs- oder Anschaffungsvorgänge bei den Beteiligten stattfinden sollten.

Zu der Abgeltung des Pflichtteilsanspruchs an Erfüllung statt (§ 364 BGB) soll am Rande nur darauf hingewiesen werden, dass diese Vorgänge ggf. auch grunderwerbsteuerschädlich sind[39] sowie ggf. auch Umsatzsteuerfolgen auslösen.[40]

[38] Vgl. näher, im Wesentlichen zur Abgeltung des Zugewinnausgleichs Schmidt/Kulosa, § 6 Rn 140 "Zugewinnausgleich"; Schmidt/Wacker, § 16 Rn 27; Schmidt/Weber-Grellet, § 23 Rn 42.
[39] BFH v. 10.7.2002 II R 11/01, BStBl II 2002, 775; Esskandari, ZEV 2012, 308, 309.
[40] Ausführlich Esskandari, ZEV 2012, 308 f.

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