Ein neues, differenziertes Bewertungsmodell löst die Frage, was eine Wart- und Pflegeverpflichtung überhaupt wert ist, anhand eines Paradigmenwechsels.

Das Bewertungsmodell überträgt den Gedanken der ersparten Aufwendungen auf die Wart- und Pflegeverpflichtungen. Es erfolgt eine Abkehr von der Betrachtung der meist sehr einzelfallbezogenen und stark divergierenden Wart- und Pflegeleistungen selbst. Vielmehr wird die Frage gestellt, welcher Fremdaufwand hätte extern eingekauft werden müssen, wenn sich niemand im privaten Umfeld gefunden hätte, die Wart- und Pflegeverpflichtung zu übernehmen. Zu betrachten ist also nicht der Wert der tatsächlichen privaten Leistung, sondern die eingetretene Ersparnis einer externen Fremdleistung durch diese private Leistungsverpflichtung. Dies erlaubt eine mehr pauschale und abstrakte Herangehensweise sowie den Rückgriff auf statistisches Zahlenmaterial des statistischen Bundesamtes zur Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung.

Das Grundgerüst des Bewertungsmodells ist dabei die Multiplikation eines am Alter und Geschlecht des Übergebers ausgerichteten Vervielfältigers als Kapitalisierungsfaktor, mit einem angemessenen Jahres- oder Monatsbeitrag für die Wart- und Pflegeverpflichtung.

Im Rahmen der Analyse hat es sich als günstig erwiesen, für den Kapitalisierungsfaktor des neuen Bewertungsmodells ebenfalls die Vervielfältiger aus der Tabelle des BMF zu § 14 BewG zu übernehmen, wie dies schon in etlichen bisherigen Bewertungsansätzen aus Rechtsprechung und Literatur[4] der Fall ist. Diese Vervielfältiger haben den Vorteil, dass sie mit der Ausrichtung auf die übliche Lebenszeit (typischen Lebenserwartungszeitraum[5]) eines Übergebers und der geschlechtsspezifischen Unterscheidung, den Risikocharakter der Wart- und Pflegeverpflichtungen abbilden können, sowie einen Abzinsungsfaktor einrechnen.

Für den angemessenen Beitrag für die Wart- und Pflegeverpflichtungen wurden die Kosten für ein betreutes Wohnen oder ein Heim als Ersparnisbetrag herangezogen.

Die nachfolgenden Ausführungen stellen die Bewertungsberechnungen anhand des Bewertungsmodell, aktualisiert auf der Basis der statistischen Werte von 2011, vor.[6]

Dabei stammen die Basiszahlen aus folgenden drei Tabellen der Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes – Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung: (1) Vergütung der vollstationären Dauerpflege aus "Ländervergleich – Pflegeheime", (2) Pflegebedürftige nach Pflegestufen – absolut – zum Jahresende aus "Ländervergleich – Pflegebedürftige" und (3) Alter und Pflegequote aus "Deutschlandergebnisse". Aus diesen Pflegestatistiken ergeben sich zum einen die aktuellen, durchschnittlichen Kosten für Heimpflege, aufgegliedert nach den jeweiligen Bundesländern und den jeweiligen Pflegeklassen.[7] Zum anderen ergibt sich die Verteilung der Pflegebedürftigen in Deutschland auf die einzelnen Pflegestufen.[8] Zuletzt lässt sich aus der Pflegestatistik entnehmen, wie hoch der prozentuale Anteil an Pflegebedürftigen nach Geschlecht und in bestimmten Alterskorridoren ist.[9]

Für die Aktualisierung des Bewertungsmodells werden nach Vorgabe der Untersuchungen aus der Dissertation,[10] das statistische Zahlenmaterial mithilfe anerkannter Berechnungsmethoden extrapoliert, ausgewertet, ergänzt und Lücken durch aktuelle Preisrecherchen[11] geschlossen. Schlussendlich kann dann die eigentliche Bewertung anhand von zwei so weiterentwickelten Tabellen, "Ersparnistabelle 2011" und "Alter- und Bedürftigkeitsquoten – Tabelle 2011" sowie der Anlage zu § 14 BewG[12] übersichtlich und transparent erfolgen.

Siehe oben Ersparnistabelle 2011

Aus der Ersparnistabelle 2011 ergeben sich in der ersten Spalte die Ersparnisbeträge für eine Hilfsbedürftigkeit unterhalb der offiziellen Pflegestufen. Daran anschließend die Ersparnisbeträge, soweit eine Pflegebedürftigkeit nach den offiziellen Pflegestufen I, II und III vorliegt. In der letzten Spalte findet sich der gewichtete Ersparnisbetrag für das reine Risiko, wenn keine der Stufen 0, I, II oder III vorliegt. Am höchsten liegt der Ersparnisbetrag für die reine Hilfsbedürftigkeit. Dies folgt aus dem notwendigen Abzug staatlicher Zuzahlungen für stationäre Pflege bei den offiziellen Pflegestufen um die wirkliche Ersparnis zu ermitteln.

Siehe oben Alter- und Bedürftigkeitsquoten – Tabelle 2011

Aus der Alter und Bedürftigkeitsquoten – Tabelle 2011 ergeben sich vor allem für die Berechnung des reinen Risikos, gegliedert nach männlich und weiblich, jeweils in der letzten Spalte, die Wahrscheinlichkeitsprozentsätze in den jeweiligen Alterskorridoren für den Eintritt einer Hilfs- und Pflegebedürftigkeit.

Aus der Anlage zu § 14 BewG schließlich ergeben sich die Vervielfältiger für die angemessenen Ersparnisbeträge als typischer Lebenserwartungszeitraum (TLZ).[13]

Um die Bewertung zu ermöglichen, sind folgende Angaben für die Berechnung erforderlich:

1. Übergabezeitpunkt
2. Geburtsdatum des Berechtigten / Alter bei Übergabe
3. Pflegestufen oder Hilfsbedürftigkeit ab welchem Alter
4. Nac...

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