II. Die Beschwerde hat Erfolg, weil die Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments vom 25.9.1984 ergibt, dass die Eheleute – wechselbezüglich – die Beteiligten zu gleichen Teilen als Schlusserben eingesetzt haben.

1. Im vorliegenden Fall kann der Beteiligten zu 1) darin beigetreten werden, dass allein in der Pflichtteilsstrafklausel gemäß Ziffer 3. des gemeinschaftlichen Testaments keine Schlusserbeinsetzung zu erblicken ist. Denn mit einer Verwirkungsklausel möchten Ehegatten ihre Kinder im Grundsatz lediglich enterben, dagegen ist die Annahme, dass die Kinder als Schlusserben bedacht seien sollen, nur ausnahmsweise gerechtfertigt (vgl. Reymann, MittBayNot 2011, 411<412> in Anmerkung zu OLG Frankfurt mit BayNot 2012, 409 und OLG Saarbrücken NJW-RR 1992, 841; siehe auch OLG Düsseldorf NJW-RR 2014, 837 unter II. 2. b. aa. (b)).

2. Es ist allerdings im Wege der Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments festzustellen, dass die Eheleute ihre Kinder als Schlusserben zu gleichen Teilen vorgesehen haben, auch wenn dies im Testament nicht unmittelbar ausgedrückt ist. Dennoch können alle Beteiligten als die gemeinsamen Kinder der Ehegatten nach deren Willen in dem gemeinschaftlichen Testament als Schlusserben bestimmt sein, sofern infolge Auslegung nach den Grundsätzen im Sinne der §§ 133, 157 BGB ein entsprechender Wille festgestellt werden kann (vgl. etwa Palandt/Weidlich, BGB 74. Auflage <2015> § 2269 Rn 5). Maßgebend ist der Wille beider Ehegatten im Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Diesem kommt auch im Falle eines auf einen anderen Sinn hindeutenden Wortlauts der Vorrang zu, sodass der Auslegung durch diesen keine Grenzen gesetzt sind. Insbesondere dann, wenn gemeinsame Kinder vorhanden sind, ist nach den allgemeinen für die Auslegung letztwilliger Verfügungen geltenden Regeln sorgfältig zu prüfen, ob sich der Wille der Ehegatten feststellen lässt, dass das gemeinsame Vermögen nach dem Tode des Längstlebenden an diese fallen soll. Dabei sind auch die unausgesprochenen Prämissen der Erbfolgeanordnung zu berücksichtigen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die letztwillige Verfügung insofern stillschweigend erfolgt, als der Wille des Erblassers hinter anderen Bestimmungen verborgen ist und sich nur aus dem übrigen Testamentsinhalt entnehmen lässt. Häufig erscheint einem Erblasser gerade das aus rechtlicher Sicht Wichtige als so selbstverständlich, dass er es neben seinen einzelnen Sonderanordnungen nicht ausdrücklich festhält. Dieses auf den – wahren – Willen des Erblassers gerichtetes Testamentsauslegung ist nur dadurch begrenzt, dass der Wille des Erblassers im Testament irgendwie Ausdruck gefunden haben muss (Senat, NJW-RR 2013, 202, Gründe unter 1. a) mwN).

Demgemäß kann hinter der Anordnung der Enterbung für den Fall der Geltendmachung des Pflichtteils und der gleichen Behandlung der gemeinsamen Kinder auch eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1)–3) verborgen sein, sofern sie nicht den Pflichtteil verlangen. Dem Ausschluss der den Pflichtteil fordernden Kinder von der Beerbung des längstlebenden Ehegatten muss nicht der Wille zugrunde liegen, dass für die Kinder, auch wenn sie den Pflichtteil nicht verlangen, nur eine vom freien Willen des längstlebenden Ehegatten abhängige Möglichkeit besteht, dessen Erbe zu werden. Es kann im Gegenteil auch Wille der testierenden Eheleute gewesen sein, den gemeinschaftlichen Kindern, wenn sie sich der von den Eltern beim Tode des Erstversterbenden gewollten Regelung fügen, eine erbrechtliche Stellung einzuräumen. Dass beim Vorhandensein eines solchen Willens eine Erbenstellung der Abkömmlinge nicht ausdrücklich bestimmt worden ist, kann auch darauf beruhen, dass die testierenden Eheleute eine solche als selbstverständlich angesehen haben (BayObLG 1959,199/204; BayObLG 1960, 216/219).

a) Hier ergibt sich der Schluss auf die Einräumung einer – gleichen – Erbenstellung für alle gemeinsamen Kinder aus Textziffer 4. des gemeinschaftlichen Testaments. Dort ist einerseits angeordnet, dass die Kinder bei Eintritt des Schlusserbfalls die ihnen zu Lebzeiten gemachten Zuwendungen untereinander zum Ausgleich zu bringen hätten, und dann heißt es: "Jedes unserer Kinder soll gleich behandelt werden." Betrachtet man diese Anordnung im Gesamtzusammenhang des Testaments, wird deutlich, dass die Eheleute Wert darauf legten, jedes ihrer Kinder gleich zu behandeln und zwar dergestalt, dass einerseits die diesen zu Lebzeiten gemachten Zuwendungen zum Ausgleich untereinander zu bringen seien und andererseits die Kinder im Schlusserbfall – zwingend – gleich bedacht werden sollten.

b) Der Einwand der Beteiligten zu 1), dass die Ausgleichsklausel in Satz 1 von Ziffer 4. des gemeinschaftlichen Testaments für den Fall der bindenden Schlusserbeinsetzung keinen Sinn mache, weil es wegen § 2050 BGB nur im Falle der gesetzlichen Erbfolge zu einem Ausgleich komme, greift nicht durch. Denn sie übersieht, dass auch für den Fall, dass die Eheleute von der Schlusserfolge ihrer Kinder zu gleichen ...

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