Nicht nur in formellrechtlicher, sondern auch in materiellrechtlicher Hinsicht sieht sich die griechische Stiftung auf dem Weg zur Erlangung der mit dem deutschen Status der Gemeinnützigkeit korrespondierenden Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG mit Problemen konfrontiert. Um als gemeinnützig anerkannt zu werden, muss eine Körperschaft grundsätzlich die Voraussetzungen der §§ 51 ff AO erfüllen. D. h., sie muss nach ihrer Satzung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung selbstlos, ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen.[20]

[20] Vgl. ausf. zu den Voraussetzungen Pöllath/Richter, in: Seifart/v. Campenhausen (Hrsg.), Stiftungsrechts-Handbuch, § 43.

1. Der "strukturelle Inlandsbezug" im nationalrechtlichen Kontext

Eine besondere Anforderung schreibt § 51 Abs. 2 AO seit dem Veranlagungszeitraum 2009[21] für Körperschaften vor, die ihre steuerbegünstigten Zwecke im Ausland erfüllen. Wollen auch sie als gemeinnützig anerkannt werden, so müssen sie entweder natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland fördern oder durch ihre Tätigkeit neben der Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke zum Ansehen Deutschlands im Ausland beitragen (sog. "struktureller Inlandsbezug").

Das Gesetz selbst trifft keine Aussage zum Verhältnis der Zweckverfolgung im In- und Ausland. Legt man den Anwendungserlass der Finanzverwaltung zu § 51 AO richtig aus, so ist der "strukturelle Inlandsbezug" nur dann als zusätzliche Voraussetzung aufzufassen, wenn die steuerbegünstigten Zwecke vollständig im Ausland erfüllt werden.[22] Eine Zweckverwirklichung zum Teil auch im Inland dürfte demnach ausreichen.[23] Die griechische Stiftung müsste folglich eine der beiden alternativen Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 AO erfüllen, da ihre Zweckverfolgung nur in Griechenland stattfindet. Sollte sie sich neben der reinen Vermögensanlage auch zu einer gemeinnützigen Zweckverfolgung in Deutschland entschließen, so dürfte sie den Inlandsbezug auch ohne eine der beiden Voraussetzungen herstellen.

[21] Vgl. Nr. 7 Abs. 5 S. 4 AEAO zu § 51.
[22] Vgl. Nr. 7 Abs. 1 S. 1 AEAO zu § 51 ("nur außerhalb Deutschlands"). Vgl. auch die Anwendung des "strukturellen Inlandsbezugs" für den Spendenabzug bei Zuwendungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Dienststellen nach § 10 b Abs. 1 S. 6 EStG (Zweckverwirklichung "nur im Ausland").
[23] Vgl. Nr. 7 Abs. 3 S. 1 1. HS AEAO zu § 51. AA wohl Gersch, in: Klein, § 51 AO, Rn 8; Leisner-Egensperger, in: H/H/S, § 51 AO, Rn 51.

a) "Inländerbegünstigung"

In einer ersten Tatbestandsalternative setzt § 51 Abs. 2 AO voraus, dass natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt iSd §§ 8, 9 AO in Deutschland haben, gefördert werden. Die Staatsangehörigkeit der geförderten Personen ist hierbei ohne Belang[24], solange sie nur in Deutschland der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen.[25] Hierfür spielt es keine Rolle, ob sich diese Personen während der Förderung im In- oder Ausland aufhalten.[26]

Obgleich das Gesetz von natürlichen Personen im Plural spricht, so trifft es gleichwohl keine konkrete Aussage über die Anzahl der zu fördernden Personen.[27] Es stellt sich somit die Frage, ob im Extremfall die Förderung einer einzelnen inländischen natürlichen Person ausreicht. Beispielsweise könnte in einem der von der griechischen Stiftung betriebenen Pflegeheime eine Person untergebracht sein, die gleichzeitig noch über einen Wohnsitz in Deutschland verfügt. Würde es für die Erfüllung des "strukturellen Inlandsbezugs" ausreichen, wenn eine von vielleicht mehreren Tausend geförderten Personen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 AO erfüllt? Nach der Intention des Gesetzgebers kann dies nicht richtig sein, allerdings lässt das Gesetz diese Interpretation zu.

[24] Vgl. Nr. 7 Abs. 1 S. 3 AEAO zu § 51.
[25] Vgl. Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, § 3 Rn 10.
[26] Vgl. Nr. 7 Abs. 3 S. 1 2. HS AEAO zu § 51.
[27] So auch Gersch, in: Klein, § 51 AO, Rn 8.

b) "Ansehenssteigerung"

In seiner zweiten Tatbestandsalternative verlangt § 51 Abs. 2 AO, dass die Tätigkeit der Körperschaft neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beitragen kann. Einer tatsächlich "spür- oder messbaren Auswirkung" bedarf es allerdings nicht.[28] Es genügt, wenn die Tätigkeit das Ansehen Deutschlands im Ausland steigern könnte. Was aber genau unter dem "nebulösen" Begriff der Ansehenssteigerung zu verstehen ist, bleibt fraglich. Nach dem Anwendungserlass der Finanzverwaltung zu § 51 Abs. 2 AO ist im Hinblick auf den Nachweis der Ansehenssteigerung zwischen gemeinnützigen Körperschaften im Inland einerseits und solchen im Ausland andererseits zu differenzieren.

Bei inländischen gemeinnützigen Körperschaften, die ihre steuerbegünstigten Zwecke im Ausland verwirklichen, soll auf den Nachweis der Ansehenssteigerung verzichtet werden. Es genügt, wenn sie sich an der Förderung von steuerbegünstigten Zwecken im Ausland "personell, finanziell, planend, schöpferisch oder anderweitig beteilig...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge