ZErb 4/2012, Einführung des Vindikationslegats am Beispi ... / 2. Wesen des Vindikationslegats

Das materiellrechtliche Herz des neuen Rechtsinstituts befindet sich in Art. 981(1) ZGB. Der erste Paragraf dieses Artikels enthält eine Legaldefinition des Vindikationslegats. Danach kann der Testator in einem notariellen Testament bestimmen, dass eine bestimmte Person den Gegenstand des Vermächtnisses im Zeitpunkt des Erbfalls erwirbt. Der zweite Paragraf dieses Artikels enthält einen Numerus clausus der Gegenstände solch eines Vermächtnisses: 1. unvertretbare Sachen, 2. übertragbare Vermögensrechte, 3. Unternehmen und landwirtschaftlicher Betrieb, 4. die Bestellung eines Nießbrauchs oder einer Dienstbarkeit zugunsten des Vermächtnisnehmers.

Der Vermächtnisnehmer des Vindikationslegats erwirbt den Gegenstand des Legats kraft Gesetzes im Zeitpunkt des Erbfalls. Es handelt sich um Singularsukzession, sodass der Gegenstand des Vindikationslegats nicht in den Nachlass fällt,^[12] sondern einen anderen rechtlichen Weg geht. Wegen der dinglichen Wirkung hat sich der Gesetzgeber entschlossen, den Kreis der möglichen Gegenstände des Vindikationslegats zu begrenzen und Vindikationsvermächtnisse darüber hinaus nur in notariellen Testamenten zuzulassen. Ein in einem handschriftlichen Testament enthaltenes Vermächtnis kann somit nur die Wirkungen eines Damnationslegats entfalten.^[13]

In der Praxis werden insbesondere Immobilien, übertragbare Rechte an Immobilien wie das genossenschaftliche Raumeigentumsrecht (spółdzielcze własnościowe prawo do lokalu)^[14] und Erbnießbrauch iSd Art. 232 ff ZGB (użytkowanie wieczyste)^[15] sowie Unternehmen iSd Art. 551 ZGB^[16] und landwirtschaftliche Betriebe iSd Art. 553 ZGB^[17] zum Gegenstand der Vindikationslegate gemacht. Praxisrelevant erscheint ferner die Möglichkeit der Bestellung eines Nießbrauchsrechts (Art. 252 ff ZGB)^[18] bzw. einer Dienstbarkeit (Art. 285 ff ZGB),^[19] insbesondere eines Wohnungsrechts (Art. 301 ZGB),^[20] an einer Immobilie, die selbst in den Nachlass fällt und im Rahmen der Universalsukzession ererbt wird.

[12] Der Nachlass wird im polnischen Recht in Art. 922 ZGB definiert und umfasst nach § 2 dieses Artikels nicht Rechte, die im Rahmen der Singularsukzession auf bestimmte Personen unabhängig davon übergehen, ob sie Erben sind. Dazu: de Vries, Polen Grdz. D, Rn 86-102. Bis dato hatte die Singularsukzession, bis auf das sog. Bankvermächtnis nach Art. 55 Abs. 1 des Gesetzes vom 29. August 1997 Bankgesetz (GBl 2002, Nr. 72, Pos. 665 mit späteren Änderungen, dazu: Łakomy, in: Süß [Hrsg.]: Erbrecht in Europa, 2. Aufl., Polen, Rn 43 f), eine eher geringe Rolle in der Praxis. In Zusammenhang mit der Reform hat man in der Lehre bereits die Möglichkeit erwogen, den Begriff des Nachlasses de lege ferenda neu zu definieren, damit er nicht nur Rechte und Pflichten, die im Rahmen der Erbfolge (Generalsukzession) vererbt werden, sondern auch Gegenstände der Singularsukzession im Rahmen der Vindikationslegate umfasst: Turłukowski: Zapis windykacyjny. Komentarz, Warschau, 2011, Art. 981(1) ZGB, Rn 2.

[13] Anders: Turłukowski, Zapis, Art. 981(1) ZGB, Rn 2 f, der sich für die Ungültigkeit der Verfügung ausspricht, wenn die Auslegung des Testaments keine Zweifel daran lässt, dass der Testator mit dinglicher Wirkung in einem nichtnotariellen Testament testieren wollte.

[14] Eingehend dazu: Pilarska, Polnisches Sachenrecht, Warschau, 2010, S. 519-548. Die Autorin bezeichnet das Rechtsinstitut als "genossenschaftliches Eigentumsrecht an einem Lokal".

[15] Eingehend dazu: Pilarska, Polnisches Sachenrecht, Rn 341–370. Die Autorin verwendet die Bezeichnung "ewiger Nißbrauch".

[16] Eingehend dazu: Motyka-Mojkowski, Polnisches Zivilrecht AT, Warschau, 2010, Rn 200–201.

[17] Eingehend dazu: Motyka-Mojkowski, Polnisches Zivilrecht AT, Rn 202.

[18] Eingehend zum Nießbrauch im polnischen Recht: Pilarska, Polnisches Sachenrecht, Rn 421–472.

[19] Eingehend: Pilarska, Polnisches Sachenrecht, Rn 473–515.

[20] Eingehend: Pilarska, Polnisches Sachenrecht, Rn 516–518.