Die folgende Fallgestaltung umfasst typische Probleme des Ausgleichs von Pflegeleistungen nach den §§ 2057a, 2316 BGB. Sie ist nachgebildet dem Sachverhalt, der dem Urteil des 3. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 15.6.2012[9] zugrunde liegt – er ist hier etwas vereinfacht und vom Jahr 2007 in das Jahr 2012 verlegt, also nach Inkrafttreten der Erbrechtsreform:

Die beiden Kläger sind Geschwister des als Alleinerben eingesetzten Beklagten und machen gegen ihn Pflichtteilsansprüche in Höhe von jeweils 30.000 EUR nach der 2012 verstorbenen gemeinsamen Mutter geltend. Sie geben den Gesamtnachlasswert mit 180.000 EUR an. Darin ist ein Bereicherungsanspruch des Nachlasses gegen den Beklagten enthalten, weil dieser – so die Kläger – unter Nutzung einer ihm von der Erblasserin erteilten Generalvollmacht Abbuchungen vom Konto der Erblasserin vorgenommen habe, die sich nicht mit deren regelmäßigen Bedarf erklären ließen. Der Beklagte bringt dazu vor, er und seine Ehefrau hätten seine Mutter 33 Monate gepflegt und mit ihr vereinbart, dass er dafür einen Stundensatz von 25 EUR abrechnen und entsprechende Gelder von ihrem Konto abheben könne. Sie sei in diesen gut 2 1/2 Jahren vor ihrem Tod zunächst in die Pflegestufen I und später weiter bis Pflegestufe III eingestuft worden. Er habe sie mit Entstehung der erhöhten Pflegebedürftigkeit – nach einem schweren Sturz – für die letzten 17 Monate ihres Lebens in sein Haus aufgenommen. Dort habe er seine Mutter zusammen mit seiner Frau – bei gelegentlicher zusätzlicher Inanspruchnahme eines ambulanten Pflegedienstes – rund um die Uhr gepflegt. Er habe dort zu diesem Zweck auch Umbauten im Wert von über 40.000 EUR vorgenommen. Es seien Pflegeheimkosten von 5.000 EUR/mtl. erspart worden. Sein vorheriges Einkommen als selbstständiger Ingenieur von rund 100.000 EUR jährlich sei in den beiden letzten Jahren dieser Pflegetätigkeit auf 20.000 EUR zurückgegangen.

In der Beweisaufnahme wird die behauptete Vergütungsabsprache zwischen dem Beklagten, seiner Ehefrau und der Erblasserin nicht bewiesen. Der Beklagte beruft sich zusätzlich darauf, dass zu seinen Gunsten bei der Bestimmung der Höhe des an seine Geschwister zu zahlenden Pflichtteils jedenfalls eine Ausgleichung seiner Pflegeleistungen nach den §§ 2316, 2057a BGB vorzunehmen sei.

Diesem Sachverhalt liegt eine Konstellation zugrunde, wie sie im erbrechtlichen Dezernat nicht selten vorkommen dürfte. In den folgenden Analysen wird auf diese Fallgestaltung zurückgegriffen werden.

[9] AaO.

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