Reaktionsmöglichkeiten des Gesetzgebers und Zukunft des ErbStG

Einführung

In seiner Entscheidung hatte sich das BVerfG mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die §§ 13 a, 13 b ErbStG, die unter bestimmten Voraussetzungen für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften eine (teilweise) Befreiung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer ermöglichen, in Verbindung mit der Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG in ihrer im Jahre 2009 maßgeblichen Fassung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

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Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 17.12.2014[1] erneut das Erbschaftsteuerrecht für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 30.6.2016 zur Abhilfe gegeben und die Fortgeltung des aktuellen Rechts bis zum Ablauf dieser Frist statuiert. Das mit Spannung erwartete Urteil[2] ist lang, umfassend begründet, – wegen eines Minderheitenvotums – relativ ungewöhnlich und sehr instruktiv in Bezug auf die dem Gesetzgeber gemachten Vorgaben.

[2] Das bereits zahlreich kommentiert wurde, siehe u. a.: Landsittel, Sonderbeilage zu ZErb 1/2015; Zipfel/Lahme, DStR 2015, 64; Crezelius, ZEV 2015, 1; Piltz, DStR 2015, 97; Hannes ZEV 2015, 7.

I. Geltende Verschonungsregelungen

Das ErbStG kennt verschiedene Tatbestände, die eine vollständige oder begrenzte Befreiung von der Erb- und Schenkungsteuer ermöglichen. Neben den persönlichen Freibeträgen der §§ 16, 17 ErbStG sehen insbesondere die §§ 13, 13 a, 13 b ErbStG sachliche Steuerbefreiungen vor, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Im privaten Bereich ist beispielsweise der Erwerb des im Inland belegenen Familienheims durch den Ehegatten oder den eingetragenen Lebenspartner durch Zuwendung unter Lebenden (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 a ErbStG) bzw. von Todes wegen (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG) vollständig von der Steuer befreit.

Für betriebliches Vermögen ergibt sich eine Verschonung unter den in §§ 13 a, 13 b ErbStG genannten Voraussetzungen. Die vom BVerfG überprüfte, später durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz in einzelnen Punkten großzügiger gestaltete Gesetzesfassung sieht vor, dass nach § 13 b ErbStG als begünstigungsfähig anerkanntes Vermögen zu 85 % (Regelverschonung) oder zu 100 % (Optionsverschonung) von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer befreit sein kann, wenn bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Zusammensetzung des übergegangenen Vermögens, seines Fortbestands in der Hand des Erwerbers und des Erhalts der mit ihm verbundenen Arbeitsplätze erfüllt werden.

Zum einen muss es sich um nach den §§ 13 a und 13 b ErbStG begünstigtes Vermögen handeln, d. h. um land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, an deren Nennkapital Erblasser oder Schenker zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt waren. Besteht das land- und forstwirtschaftliche Vermögen oder das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen[3], bleibt es indes von der Verschonung ausgenommen (§ 13 b Abs. 2 Satz 1 ErbStG). Ferner muss der Erwerbende den Betrieb während eines bestimmten Mindestzeitraums fortführen. Sowohl der Verschonungsabschlag (§ 13 a Abs. 1 ErbStG) als auch der Abzugsbetrag (§ 13 a Abs. 2 ErbStG) fallen nach § 13 a Abs. 5 Satz 1 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb der Behaltensfrist von fünf Jahren in einer der in den § 13 a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 5 ErbStG beschriebenen Weise über das begünstigte Vermögen verfügt. Schließlich wurde durch das Erbschaftsteuerreformgesetz eine Lohnsummenregelung in § 13 a ErbStG eingefügt. Hiernach darf die im übertragenen Unternehmen insgesamt gezahlte Lohnsumme innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreiten. Wird die Mindestlohnsumme unterschritten, vermindert sich gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 5 ErbStG der nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 ErbStG zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird. Betriebe mit nicht mehr als 20 Beschäftigten sind nach § 13 a Abs. 1 Satz 4 ErbStG in der für das Vorlageverfahren maßgeblichen Fassung von der Lohnsummenregelung ausgenommen.

Anstelle der Regelverschonung in Höhe von 85 % hat der Erwerber des begünstigten Vermögens gem. § 13 a Abs. 8 ErbStG die Option, unter bestimmten strengeren Voraussetzungen einen Verschonungsabschlag von 100 % und damit die völlige Steuerfreiheit des Erwerbs zu erreichen. In diesem Fall beträgt die Behaltensfrist allerdings sieben Jahre, die maßgebende Lohnsumme 700 % (§ 13 a Abs. 8 ErbStG).

[3] Damit sollen überwiegend vermögensverwaltende Betriebe allgemein von den Verschonungen ausgenommen bleiben und der nach dem Einkommensteuerrecht geschaffenen Möglichkeit Rechnung getragen werden, dass praktisch alle Gegenstände, die üblicherweise in Form der privaten Vermögensverwaltung gehalten werden, auch in Form eines Gewerbebetriebs gehalten werden können (BTDrucks 16/...

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