Aufgrund der gesamtschuldnerischen Stellung eines jeden Miterben kann der Gläubiger seine Forderung gegen einzelne oder mehrere oder – nicht notwendigerweise – alle Miterben richten und diese wie Alleinerben auf vollständige Erfüllung in Anspruch nehmen (sog. Gesamtschuldklage, §§ 2058, 421 BGB). Das Recht hat der Gläubiger nicht vor Annahme der Erbschaft (§ 1958 BGB), wohl aber bereits vor der Teilung des Nachlasses.[8] Wegen § 425 BGB muss die gegen mehrere Gesamtschuldner erhobene Klage nicht einheitlich entschieden werden, daher liegt grundsätzlich keine notwendige Streitgenossenschaft iSd § 62 ZPO vor.[9]

Die unter I. erwähnte Einrede der beschränkten Erbenhaftung (§ 2059 Abs. 1 BGB) muss der Erbe bereits im Erkenntnisprozess erheben und im Urteil nach § 780 Abs. 1 ZPO vorbehalten sein. Die Erhebung der Einrede im Gesamtschuldprozess führt nicht zur Klageabweisung, sondern nur dazu, dass die Beschränkung der Erbenhaftung im Urteil vorbehalten wird.[10] Die später z. B. erstmals in der Zwangsvollstreckung geltend gemachte Einrede ist unbeachtlich. Vollstreckt der Nachlassgläubiger trotz Vorbehalts im Urteil in das Eigenvermögen eines Miterben, kann sich dieser mit der Vollstreckungsgegenklage nach den §§ 781, 785, 767 ZPO wehren.

Der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung im Urteil hindert den Gläubiger also an der Vollstreckung aus dem Urteil in das Privatvermögen der Miterben. In das Nachlassvermögen kann der Gläubiger trotz des Vorbehalts vollstrecken, allerdings nur, wenn er einen Titel gegen alle Miterben erstritten hat, § 747 ZPO. Die Gesamtschuldklage ist somit zwar nicht unzulässig, wenn sie sich nicht gegen alle Miterben richtet; auf das Nachlassvermögen kann der Gläubiger allerdings nur zugreifen, wenn er alle Miterben klageweise in Anspruch nimmt und obsiegt.

Aus einem Urteil mit einem Vorbehalt nach § 780 Abs. 1 ZPO kann der Gläubiger aber auch in die Erbteile der verurteilten einzelnen Miterben vollstrecken. Nach § 2040 Abs. 1 BGB ist der Miterbe zwar an der Verfügung über einzelne Nachlassgegenstände und nach § 2033 Abs. 2 BGB an der Verfügung über seinen Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen gehindert. Gleichwohl bleibt der Miterbe über seinen Miterbenanteil nach § 2033 Abs. 1 BGB verfügungsbefugt; dieser ist daher tauglicher Vollstreckungsgegenstand und der Pfändung nach den §§ 857, 859 Abs. 2 ZPO unterworfen.[11]

[8] RGZ 68, 221 ff.
[9] RGZ 68, 221/222; 121, 337/345; BGH LM ZPO § 62 Nr. 2; BGH NJW 1963, 1611/1612; BGH NJW-RR 1992, 1151; OLG Naumburg NJW-RR 1998, 308; Preißer JuS 1987, 966; ders. JuS 1987, 293; Staudinger/Marotzke § 2058 Rn 68; Ann, in: MüKo zum BGB, Bd. 9, 5 Aufl. 2010 (zit. MüKoBGB/Bearbeiter), § 2058 Rn 22.
[10] MüKoBGB/Ann § 2059 Rn 14 mwN.
[11] BGHZ 52, 99 ff; Börner JuS 1968, 108/109; Liermann NJW 1962, 2189; Noack JR 1969, 8/9 ff; Eickmann DGVZ 1984, 1881 ff; Schlüter, Erbrecht, 16. Aufl. 2007, Rn 659; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl. 2010, Rn 1664 ff; Staudinger/Marotzke § 2058 Rn 53; MüKoBGB/Ann § 2059 Rn 15.

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