Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Zurückweisung des Aufgebotsantrags wegen fehlender Antragsbefugnis im Sinne des § 455 FamFG wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das Verlangen des Amtsgerichts nach einem Nachweis der Erbenstellung durch einen Erbschein berechtigt war oder entscheidungsrelevante Zweifel verbleiben, dass die Antragstellerin Erbin ist. Beides ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall.

Im Aufgebotsverfahren fehlt eine § 35 GBO vergleichbare Vorschrift, die eine bestimmte Form der Nachweisführung vorschreibt. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz, dass im Verfahren nach dem FamFG das Gericht auch die Vorfragen seiner Hauptsacheentscheidung selbstständig und von Amts wegen aufzuklären und zu entscheiden hat (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 26 Rn 56 ff). Mit der Begründung, die Antragstellerin habe sich geweigert, einen Erbschein vorzulegen, lässt sich die Zurückweisung des Antrags daher nicht rechtfertigen.

Daraus kann nach Auffassung des Senats allerdings nicht die gegenläufige Schlussfolgerung gezogen werden, das Gericht im Aufgebotsverfahren für verpflichtet zu halten, gemäß § 26 FamFG sämtliche tatsächlichen Ermittlungen soweit durchzuführen, dass die Erbfolge als Voraussetzung der Antragsbefugnis abschließend festgestellt werden kann. Dabei ist zu bedenken, dass das Aufgebotsverfahren nicht dem Nachlassgericht (§ 23 a Abs. 2 Nr. 2 GVG), sondern einer anderen Abteilung des Amtsgerichts (§ 23 a Abs. 2 Nr. 7 GVG) und dort der funktionellen Zuständigkeit des Rechtspflegers (§ 3 Nr. 1 lit.c RPflG) zugewiesen ist. Soweit das Nachlassgericht über einen Erbscheinsantrag zu entscheiden hat, ist hingegen der Richter zur Entscheidung berufen, wenn – wie hier – eine Verfügung von Todes wegen vorliegt (§ 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG). Bei dieser Ausgangslage drängt sich geradezu die Schlussfolgerung auf, dass das Gesetz dem Rechtspfleger der Aufgebotsabteilung nicht eine mit umfangreichen Beweiserhebungen verbundene Auf-klärung einer Erbfolge aufgrund einer letztwilligen Verfügung hat aufgeben wollen, deren Ergebnis auch in einen Widerspruch zu einer späteren richterlichen Entscheidung über einen Erbscheinsantrag geraten könnte.

Eine so weitreichende Belastung der Antragsprüfung im Aufgebotsverfahren ist auch nicht mit Rücksicht auf den Schutzzweck dieses Verfahrens geboten, der sich darauf beschränkt, dem Erben einen besseren Überblick über die Nachlassverbindlichkeiten zu verschaffen, um gesetzliche Möglichkeiten zur Herbeiführung einer Beschränkung der Erbenhaftung in Anspruch nehmen zu können (vgl. Keidel/Zimmermann, aaO, § 454 Rn 1). Das dadurch umrissene Rechtsschutzinteresse kann auch derjenige für sich in Anspruch nehmen, dessen (Mit-)Erbenstellung urkundlich belegt ist, der aber seine Erbenstellung derzeit weder durch Erbschein noch durch Feststellungsurteil nachweisen kann, weil die Erbfolge unter tatsächlichen Gesichtspunkten streitig ist, die nur durch eine umfangreiche Beweisaufnahme geklärt werden können. Eine andere Betrachtung würde dem Antragsteller in einer solchen Situation den Schutz des § 2015 Abs.1 BGB versagen, den er nur in Anspruch nehmen kann, wenn der Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens innerhalb eines Jahres nach Annahme der Erbschaft zugelassen wird. Die Rechte anderer Erbprätendenten sowie der Nachlassgläubiger werden nicht berührt, wenn das Aufgebotsverfahren durchgeführt und später in einem anderen gerichtlichen Verfahrens abschließend festgestellt wird, dass der Antragsteller nicht zur Erbfolge berufen ist.

Für die Feststellung der Antragsbefugnis im Sinne des § 455 FamFG muss es daher ausreichen, dass der Antragsteller seine Erbenstellung schlüssig darlegt und sich für das das Aufgebotsgericht auch nach Verwertung präsenter Erkenntnisquellen keine durchgreifenden Zweifel an der Erbenstellung ergeben, es also als wahrscheinlich erscheint, dass der Antragsteller Erbe ist. Dass auch dann noch Zweifel verbleiben können, ist im Hinblick auf den beschränkten Zweck des § 455 FamFG hinzunehmen. So liegt es hier.

Die Antragstellerin hat ein durch das Nachlassgericht eröffnetes notarielles Testament vom 25.6.2010 vorgelegt, durch das sie zur Miterbin eingesetzt wird. Zugleich kommt sie aufgrund ihrer Eheschließung mit dem Erblasser als gesetzliche Erbin in Betracht, wenn das Testament vom 25.6.2010 unwirksam wäre. Im Rahmen der Eingaben von Beteiligten an das Nachlassgericht ist die Testierfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung unter Vorlage eines Privatgutachtens motiviert bestritten worden. Dieses ist auch nach der vorläufigen Würdigung durch den Senat geeignet, Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers zu begründen. Weiter behaupten die weiteren Erbprätenden auf derselben tatsächlichen Grundlage, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Eheschließung mit der Antragstellerin bereits geschäftsunfähig und dies der Antragstellerin bewusst gewesen sei (§ 1318 Abs.5 BGB). Auch dies mag nach dem Inhalt des Privatgutachtens noch schlüssig sein...

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