Strittig ist auch die Fernwirkung des Pflichtteilsverzichts auf den nachehelichen bzw nachpartnerschaftlichen Unterhalt sowie den Unterhalt nach Aufhebung der Ehe. Es geht um die folgenden Fälle:

Ein Ehegatte stirbt zu einem Zeitpunkt, in dem die Scheidungsvoraussetzungen erfüllt sind und dieser Ehegatte (= Erblasser) die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat (§ 1933 S. 1 BGB). Gleiches gilt für Lebenspartner iSd § 1 Abs. 1 S. 1 LPartG, bei denen nicht von einer "Scheidung" der Lebenspartnerschaft, sondern von einer "Aufhebung" gesprochen wird (§ 10 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, S. 2 LPartG iVm § 16 LPartG).
Ein Ehegatte stirbt zu einem Zeitpunkt, in dem er die Aufhebung der Ehe (§ 1313) beantragen konnte und dies auch getan hat (§ 1933 S. 2 BGB).
Ein Ehegatte stirbt nach rechtskräftiger Scheidung (§ 1586 b Abs. 1 BGB). Gleiches gilt für Lebenspartner iSd § 1 Abs. 1 S. 1 LPartG (§ 16 S. 2 LPartG iVm § 1586 b Abs. 1 BGB).
Ein Ehegatte stirbt nach rechtskräftiger Aufhebung (§ 1318 Abs. 2 BGB).

In allen diesen Fällen kann der überlebende Ehegatte einen Unterhaltsanspruch gegen die Erben geltend machen, wenn ein entsprechender Anspruch gegen den Erblasser bestand. Der Unterhaltsanspruch ist auf den (fiktiven) Pflichtteil begrenzt, der dem Berechtigten zugestanden hätte, wenn die Ehe bis zum Erbfall intakt geblieben wäre (§ 1586 b Abs. 1 S. 3 BGB). Bei der Berechnung des Pflichtteils bleiben nach § 1586 b Abs. 2 BGB Besonderheiten aufgrund des Güterstands, in dem die Eheleute gelebt hatten, außer Betracht.

§ 1586 b BGB geht auf das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts v. 14.6.1976 (1. EheRG)[19] zurück. Inhaltlich knüpft die Vorschrift an die Vorgängerregelungen in § 1582 aF BGB in der Ursprungsfassung des BGB und später § 70 EheG an.[20] Diese ordneten ebenfalls die passive Vererblichkeit der Unterhaltspflicht an. In § 1582 aF BGB war vorgesehen, dass die Unterhaltspflicht mit dem Tode des Verpflichteten nicht erlischt. Die Unterhaltsrente konnte nach § 1582 Abs 2 aF jedoch bis auf die Hälfte der Einkünfte herabgesetzt werden, die der Verpflichtete zum Todeszeitpunkt aus seinem Vermögen bezogen hatte. § 78 Abs. 2 S. 2 EheG 1938 (später § 70 Abs. 2 S. 2 EheG) übernahm diese Regelung mit der Maßgabe, dass sich der Unterhaltsberechtigte die Herabsetzung auf den Betrag gefallen lassen musste, der bei Berücksichtigung der Verhältnisse des Erben und der Ertragsfähigkeit des Nachlasses der Billigkeit entsprach.[21] Die Begrenzung der Erbenhaftung auf den fiktiven Pflichtteil gemäß § 1586 b Abs. 1 S. 3 BGB ist erst durch das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts v. 14.6.1976 (1. EheRG)[22] Gesetz geworden.

Die Begrenzung des nachehelichen bzw. nachpartnerschaftlichen Unterhalts bei Tod des Verpflichteten auf den fiktiven Pflichtteil wirft die strittige und erstmals von Dieckmann 1980[23] erörterte Frage auf, ob ein Pflichtteilsverzicht entsprechende Fernwirkung auf den Unterhaltsanspruch gegen die Erben hat, d. h. zur Reduzierung des Unterhaltsanspruchs auf Null führt. Hat der überlebende Ehegatte dagegen wirksam auf den nachehelichen Unterhalt verzichtet,[24] kann er auch nicht von den Erben Unterhalt verlangen. Hier stellt sich die Frage nach der Fernwirkung nicht. Sie wird nur dann bedeutsam, wenn ein Pflichtteilsverzicht ohne begleitenden Unterhaltsverzicht erklärt wird.

[19] BGBl I 1976, 1421.
[20] Vgl. BT-Drucks. 7/650, S. 151. Zu § 1582 aF BGB vgl. Protokolle der II. Kommission, abgedruckt bei Mugdan, Die Gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, IV. Band, Familienrecht, S. 924 ff; Denkschrift des Reichsjustizamtes zum Entwurf II eines BGB, bei Mugdan aaO S. 1167
[21] Zu dieser Änderung, die der vereinfachten Handhabung dienen sollte, vgl. Amtliche Begründung zum Ehegesetz, Deutsche Justiz 1938, 1112.
[22] BGBl I 1976, 1421.
[23] Dieckmann, NJW 1980, 2777, der auch den Begriff der "Fernwirkung" eingeführt hat.
[24] Für diesbezügliche Vereinbarungen vor rechtskräftiger Scheidung ist die notarielle Beurkundung vorgeschrieben, § 1585 c.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge