(...) Die Kläger sind Geschwister. Mit notariellem Erbvertrag vom 2.4.1982 setzten sich die Kläger gemeinsam mit dem Erblasser, ihrem Bruder Herrn A, sowie einer weiteren, bereits am 25.8.1993 verstorbenen Schwester, Frau B, gegenseitig zu Erben ein mit der Maßgabe, dass der Erstversterbende die übrigen vier Geschwister zu gleichen Teilen, der Zweitversterbende die übrigen drei Geschwister zu gleichen Teilen, der Drittversterbende die restlichen zwei Geschwister zu gleichen Teilen und der Viertversterbende den Längstlebenden zum alleinigen Erben einsetze.

Mit notariellem Erbergänzungsvertrag vom 30.6.2005 bestimmten die Kläger gemeinsam mit dem Erblasser, dass Erbe des Längstlebenden die C e.V. in D werden sollte.

Am 23.2.2009 verstarb der Erblasser.

Auf der Grundlage der von den Klägern eingereichten Erbschaftsteuererklärungen erließ der Beklagte am 22.6.2010 gegenüber den Klägern Erbschaftsteuerbescheide und setzte dabei die Erbschaftsteuer in Höhe von jeweils 29.370 EUR fest. Zum erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb gehörte dabei im Wesentlichen das Grundvermögen des Erblassers. Der Umfang des steuerpflichtigen Erwerbs der Kläger ist in betragsmäßiger Höhe zwischen den Beteiligten unstreitig.

Gegen diese Erbschaftsteuerbescheide legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein und machten dabei geltend, dass die Bescheide gegen verfassungsrechtlich geschützte Grundsätze verstießen. Die Bescheide stellten einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Kläger auf Schutz der Familie nach Art. 6 Grundgesetz (GG), auf Gleichbehandlung nach Art. 3 GG und auf Schutz des Eigentums nach Art. 14 GG dar. (...)

Mit Einspruchsentscheidungen vom 16.9.2010 wurden die Einsprüche der Kläger gegen die Erbschaftsteuerbescheide als unbegründet zurückgewiesen. (...)

Im Rahmen ihrer hiergegen fristgerecht erhobenen Klage machen die Kläger geltend, dass die gegen sie ergangenen Erbschaftsteuerbescheide gegen verfassungsrechtlich geschützte Grundsätze verstießen. Denn die von ihnen als Geschwister gewählte Form des Zusammenlebens werde durch das neue Erbschaftsteuergesetz in erheblichem Umfang diskriminiert. (...)

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Kläger nach § 15 Abs. 1 ErbStG der Steuerklasse II angehören, gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG nach dem für diese Steuerklasse geltenden Steuersatz zu besteuern sind und ihnen nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG der für Personen der Steuerklasse II vorgesehene Freibetrag zu gewähren ist. Ebenfalls zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass den Klägern die Steuerfreistellung für das Familienheim nach § 13 b Abs. 1 Nr. 4 b ErbStG nicht zusteht. Soweit die Kläger demgegenüber geltend machen, sie seien aus verfassungsrechtlichen Gründen erbschaftsteuerlich wie Ehegatten und Lebenspartner zu behandeln, vermag der Senat diesem Rechtsstandpunkt nicht zu folgen.

I. Die von den Klägern angestrebte Gleichbehandlung mit dem von Steuerklasse I erfassten Personenkreis gemäß § 15 Abs. 1 ErbStG, insbesondere im Hinblick auf die vom Erbschaftsteuergesetz in neuerer Zeit begünstigte eingetragene Lebenspartnerschaft, ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zwingend geboten.

Weder der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG noch der besondere Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG oder die Garantie von Eigentum und Erbrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG gebieten es, die Kläger als Geschwister nach dem Steuersatz der Steuerklasse I, dem für Personen der Steuerklasse I geltenden Freibetrag sowie unter Berücksichtigung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 b ErbStG zu besteuern.

1. Allein der Umstand, dass die Kläger als Geschwister ihr Leben lang in einer Haushalts- und Versorgungsgemeinschaft "zusammengelebt" haben, führt im Streitfall nicht zu der verfassungsrechtlichen Konsequenz, dass sie daher bereits nach Art. 3 Abs. 1 GG in erbschaftsteuerlicher Hinsicht einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gleichzustellen sind und daher ebenso wie diese der Steuerklasse I zuzuordnen und nach dieser zu besteuern sind. Denn der Senat vermag nicht zu erkennen, dass insoweit im Wesentlichen gleichgelagerte Sachverhalte gegeben sind, die eine rechtliche Gleichbehandlung erfordern.

a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstands und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. ...

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