Zu kurz greift die Annahme des BGH, einer Vorlage an den EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens gem. Art. 267 Abs. 3 AEUV habe es daher nicht bedurft, da die Entscheidung über die Unvereinbarkeit mit dem ordre public des angerufenen Gerichts nur durch dieses entschieden werden könne.[46] Auch wenn die Prüfung des deutschen ordre public grundsätzlich deutschen Gerichten zufällt, obliegt es durch die europarechtliche Einbettung des ordre public Vorbehalts in Art. 35 EuErbVO dem europäischen Gerichtshof, die äußeren Grenzen zu überwachen, innerhalb derer sich ein Staat überhaupt auf den ordre public stützen darf. Die vom EuGH in seiner Krombach Entscheidung[47] aufgestellten Grundsätze greifen nach h.M. auch im Rahmen des Art. 35 EuErbVO.

In Hinblick darauf, dass für die Bewertung der europäische Dimension des ordre public (siehe vorstehend IV. Nr. 1) sowie die Tatsache, dass in anderen europäischen Jurisdiktionen schon gegenläufige Entscheidungen (siehe vorstehend III. Nr. 2) existieren, wäre eine Vorlage an den EuGH wünschenswert gewesen.[48]

[46] Siehe Rn 31 des Volltextes der besprochenen Entscheidung.
[47] EuGH, Urt. v. 28.3.2000 – Rs. C-7/98, NWJ 2000, 1854.
[48] Bühler, Notar 2022, 191, 196; Pfeiffer, LMK 2022, 811862, S. 2; Lehmann, ZEV 2021, 698, 702; zweifelnd Weber, RFamU 2022, 424, 429.

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