Im EStG ist die unentgeltliche Übertragung gegen Versorgungsleistungen inzwischen sachlich eingeschränkt worden, so dass privat gehaltene Immobilien im Hinblick etwa auf § 23 EStG nicht darunterfallen. Es liegt damit uneingeschränkt Teilentgeltlichkeit vor, wenn nicht im Einzelfall, wie etwa nach neuerer Rechtsprechung, bei einer nicht vermieteten, eigengenutzten Zweitwohnung das Objekt selbst sachlich steuerbefreit ist[68].

Ähnlich ist es bei Vermächtnissen: Muss der Vermächtnisnehmer für den Erwerb des vermachten Gegenstandes eine Gegenleistung erbringen, deren Wert die vermächtnisweise Zuwendung nicht ausgleicht, kommt es zu einem so teilentgeltlichen Erwerb, z.B. beim Kaufrechtsvermächtnis[69]. Im Rahmen von Einkünftearten, bei denen eine getrennte Betrachtung möglich ist (§§ 17, 23 EStG), ist es deshalb z.B. möglich, durch die einheitliche Vermächtniserfüllung Veräußerung bzw. Anschaffung und zugleich unentgeltliche Weitergabe zu bewirken. Auch können z.B. anschließend – nach einer teilweisen Anschaffung – Haltefristen für § 23 EStG getrennt laufen[70].

 
Praxis-Beispiel

Beispiel:

Nach dem Testament steht einem Dritten die Möglichkeit zu, eine Immobilie im Verkehrswert von EUR 1 Mio. für EUR 600.000 aus dem Nachlass zu erwerben. Es liegt ein teilentgeltliches Kaufrechtsvermächtnis vor. Der Erblasser hielt die Immobilie sechs Jahre vor seinem Tod, der Kaufrechtsvermächtnisnehmer verkauft die Immobilie nach fünf Jahren. Jetzt ist die Immobilie zu 40 % aufgrund unentgeltlichen Erwerbs außerhalb der für Erblasser und Erwerber zusammengerechneten, 10-jährigen Haltefrist des § 23 EStG veräußert, für 60 % aber innerhalb dieser Haltefrist.

Bei Einkunftsarten, die der Einheitstheorie folgen (§§ 15, 16 EStG), kann dagegen der Vermächtnisnehmer nur "insgesamt" erwerben, und zwar dann vollentgeltlich – ggf. mit Gewinnrealisierung beim Rechtsvorgänger – erwerben, wenn sein Entgelt den Buchwert übersteigt[71].

[68] BFH v. 27.6.2017 – IX R 37/16, DStR 2017, 2268. Anhängig gegen Entgeltlichkeit Beitrittsbeschluss des BFH an das BMF v. 28.4.2020 – IX R 11/19, DStR 2020, 1426.
[69] Dazu Brüggemann, ErbBstg. 2013, 161.
[70] Vgl. dazu BFH v. 29.6.2011 – XI R 63/10, BStBl. II 2011, 873.
[71] Vgl. Schmidt/Wacker, § 16 Rz 598; BMF v. 14.3.2006, Tz 27 und 63, zum Kaufrechtvermächtnis.

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