Auch in einem Urteil des FG Baden Württemberg vom 22.4.2015, Az 7 k 2471/12, ging es um die Schenkungsteuerpflicht einer Leistungszahlung einer schweizerischen Familienstiftung an einen deutschen Begünstigten.

Der erkennende Senat bejahte im Ergebnis eine zusätzliche Schenkungsteuerpflicht, weil die im Entscheidungsfall ausgereichte Stiftungsleistung nicht von der Stiftungssatzung gedeckt wurde und, damit eine freigebige und deswegen schenkungssteuerpflichtige Leistung vorlag.

Schweizerischen Stiftungen sind schon zivilrechtlich aufgrund des schweizerischen Verbotes von Familienfideikommissen (Art. 335 Abs. 2 ZGB) keine größeren privatnützigen Ausschüttungen gestattet. Die im Sachverhalt tatsächlich erfolgte Ausschüttung ohne Zweckbindung an Familienangehörige des Stifters in Millionenhöhe wäre damit nicht nur – wie vom Gericht wahrscheinlich zu Recht angenommen wurde – satzungswidrig, sondern war aufgrund des restriktiven Charakters von Art. 335 Abs. 1 ZGB in der Schweiz wahrscheinlich sogar gesetzwidrig.

Dem Urteil könnte man also (bis hierhin) möglicherweise[27] noch zustimmen, da auch eine Leistung einer deutschen Familienstiftung als "freigebig" von der Schenkungsteuer erfasst wird, wenn die Leistungszahlung nicht durch den Zweck der Stiftung und die Satzungsbestimmungen gedeckt ist.[28]

In weiterer Folge[29] führt das Finanzgericht allerdings auch in einem "Obiter Dictum" aus, dass es auch dann von einer Schenkungsteuerpflicht ausginge, wenn die Leistungszahlung von der Satzung gedeckt gewesen wäre. Es folgt in seiner diesbezüglichen Argumentation weitgehend dem Vortrag der Finanzverwaltung.

Was das Finanzgericht zu einem derartigen Obiter Dictum veranlasst hat, ist unklar. Es ist zudem völlig unverständlich, warum das Finanzgericht die zum Entscheidungszeitpunkt bereits seit mehr als einem Jahr vom FG Hessen exakt für dieses Obiter-Dictum-Szenario vorliegenden und längst vom BFH erweiterten Bedenken (s. o.) nicht berücksichtigt, obwohl es den Vorgang, zumindest bis zum FG-Beschluss, sogar selbst zitiert.[30]

So geht das Finanzgericht Baden-Württemberg davon aus, dass der Begriff der Vermögensmasse ausländischen Rechts als Oberbegriff auch ausländische Stiftungen als verselbständigte Rechtsträger umfasst.[31] Eine kritische Würdigung des auch vom BFH angeführten gesetzgeberischen Kontextes, insbesondere die seitens des Gesetzgebers explizit intendierte Abgrenzung zu "Stiftungen" in S. 1 der gleichen Gesetzesvorschrift, wird gar nicht thematisiert.

Das Problem der Doppelbesteuerung wird vom FG Baden Württemberg im vorliegenden Einzelfall pauschal negiert, weil es im Entscheidungsfall offenbar zu keiner Einkommensbesteuerung der Stiftungsleistung in Deutschland gekommen sei. Als entscheidungswesentlich im vorliegenden Kontext erachtete das Finanzgericht den Umstand, dass in der Schweiz keine Steuern auf den Vorgang erhoben wurden.[32] Dies ist nicht sachgerecht, denn vorliegend geht es um die Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit des gleichen wirtschaftlichen Vorgangs mit zwei inländischen Steuern, nämlich mit Einkommen- und Schenkungsteuer, nicht aber um Fragen der Vermeidung der Besteuerung des gleichen wirtschaftlichen Sachverhaltes durch zwei verschiedene Staaten.

Das Gericht erachtet den Zuwendungsempfänger auch als "Zwischenberechtigten" im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 9 S.2, 2. Hs ErbStG. Es begründet dies mit dem Zweck der Vorschrift, "Gesetzeslücken zu schließen und Vollzugsdefizite beseitigen zu wollen". Als zu schließende "Gesetzeslücke", bzw. "Vollzugsdefizit" verortet das FG in weiterer Folge den Umstand, dass Inlandsstiftungen – im Gegensatz zur Auslandsstiftung – der Erbersatzsteuer unterliegen würden.[33] Dies ist nicht nachvollziehbar, denn die Nichterhebung der Erbersatzsteuer im Falle einer Auslandsstiftung ist keine "Gesetzeslücke" oder ein "Vollzugsdefizit". Vielmehr stellte die – offenbar seitens des FG vermisste – Unterwerfung einer Auslandstiftung unter eine deutsche Erbersatzsteuer schlicht einen willkürlichen extraterritorialen Besteuerungstatbestand dar, wenn sie denn seitens des deutschen Gesetzgebers verwirklicht würde. Zudem ist die Systematik der Tatbestände des § 7 ErbStG nicht von der Frage der persönlichen Steuerpflicht nach § 2 ErbStG, hier der Erbersatzsteuer gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2, abhängig.[34]

Mit der vorstehenden – falschen – Begründung verneint das FG auch pauschal und unzutreffend[35] einen Verstoß gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 und 65 AEUV mit Drittwirkung für die Schweiz.

Gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg wurde inzwischen eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH erhoben.[36]

[27] Das vom BFH erkannte Problem der Doppelbesteuerung der gleichen Leistung mit Schenkung- und Einkommensteuer (s. hierzu sogleich Abschnitt 3.d) wäre damit freilich noch nicht gelöst.
[28] So auch Escher, Schenkungsteuer bei Zuwendungen ausländischer Stiftungen, Handelsblatt Steuerboard v. 2.9.2015.

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