Nach alledem bleibt festzuhalten, dass das Erbrecht heute taugliche Instrumentarien bereithält, um die Erbfolge nach hausgesetzlichen Vorgaben zu gestalten. Nicht bestritten werden kann allerdings, dass deren Grenzziehung nach § 138 Abs. 1 BGB für die Praxis noch nicht vollständig ausgelotet ist. Die Rechtsprechung des BVerfG lässt Tendenzen zu einer Intensivierung der Inhaltskontrolle von letztwilligen Verfügungen erkennen. Die damit einhergehende Rechtsunsicherheit schränkt die Tauglichkeit erbrechtlicher Instrumentarien zur Gestaltung moderner hausgesetzlicher Ordnungen ein. Zur Förderung der Rechtssicherheit wäre es insgesamt wünschenswert, die Rolle der Grundrechte im Privatrecht als objektive, die Generalklauseln ausfüllende Werteordnung, ernst zu nehmen. In dieser Funktion dienen Grundrechte der Gewährung eines Mindeststandards individueller Freiheit, nicht der Freiheitsreduzierung auf diesen Mindeststandard. Wo unsere Zivilrechtsordnung Privaten mehr Gestaltungsspielräume eröffnet als die Grundrechte, darf diese Freiheit nicht durch Bindung an die Grundrechte beschränkt werden.[75] Des Weiteren darf nicht verkannt werden, dass das BVerfG ausschließlich punktuell unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im zu beurteilenden Fall entscheidet. Vor vorschnellen Schlüssen etwa auf die Notwendigkeit einer Art Sonderprivatrecht in Form umfassender Inhalts-, Ausübungs- oder Abschlusskontrollen privatrechtlicher Gestaltungen (zwischen Familienangehörigen) ist daher zu warnen.

Bis die für die Gestaltungspraxis notwendige Rechtssicherheit durch eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von letztwilligen Verfügungen und Pflichtteilsverzichtsvereinbarungen hergestellt ist, tun Adelsfamilien heute gut daran, sich bereits durch gemeinsamen Konsens zu Lebzeiten auf eine ihren Vorstellungen entsprechende Gestaltung zu einigen. Durch die Beteiligung der ganzen Familie können Regelungen getroffen werden, die von allen mitgetragen werden und allein deshalb weniger störanfällig sind.

[75] Hesse (Fn 65), Rn 356.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge