Die Autonomie des hohen Adels ermöglichte die Entwicklung von hausgesetzlichen Normen,[4] die der juristisch verbindlichen, vorbeugenden Regelung von familien-, erb- und vermögensrechtlichen Fragen der (hoch)adligen Familie dienten.[5] Primär bestimmten diese, wer zur Familie gehörte.[6] Abkömmlinge oder Ehefrauen, die nicht den Vorgaben des Hausgesetzes entsprachen, konnten keine Familien- und Erbrechte für sich in Anspruch nehmen. Als Familienmitglied kam nur in Betracht, wer ebenbürtig war. Hinsichtlich der Abstammung und Vermählung orientierte sich das Ebenbürtigkeitsprinzip an der Zugehörigkeit der Herkunftsfamilie eines bestimmten Standes.[7] Neben dem Ebenbürtigkeitsprinzip beinhalteten Hausgesetze oftmals auch Regelungen zum sog. Konsensprinzip, wonach die Vermählung eines Familienmitglieds der Zustimmung besonderer Teile der Familie, insbesondere dem sog. Chef des Hauses, bedurfte.[8]

Um das Familienvermögen vor der Zersplitterung durch wiederholte Vererbung zu schützen und den Unterhalt adliger Familien (z. B. in Form sog. Apanagezahlungen) sicherzustellen, wurden zweckgebundene Hausvermögen gebildet. Anders als die Bindung des Vermögens durch das Rechtsinstitut des Fideikommiss beruhte die Bindung dieses Sondervermögens hochadliger Familien nicht auf einer rechtsgeschäftlichen Erklärung seitens des Stifters, sondern auf der Befugnis zur Selbstgesetzgebung, einem öffentlich-rechtlichen Vorrecht, auf das sich ein privatrechtliches Sonderrecht gründete.[9] Das auf diese Weise zu einer rechtlichen Einheit verbundene erbrechtslose Familienvermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit wurde durch den Chef des Hauses, der besonderen Verfügungsbeschränkungen zugunsten der Gesamtfamilie unterlag,[10] verwaltet und nach einer festgelegten Sukzessionsordnung (beim Hochadel der sog. Primogenitur)[11] von Generation zu Generation ohne zeitliche Beschränkung weitergegeben.[12]

[4] Mayer in Staudinger EGBGB, Neubearbeitung 2012, Art. 59 Rn 15; ausführlich zur Rechtsqualität hausgesetzlicher Normen: Weitzel in Kunisch (Hrsg.), Der dynastische Fürstenstaat, 1982, 35 ff.
[5] Ausführlich dazu: Gierke (Fn 2), 400 ff; Beseler (Fn 1), 699 ff.
[6] Kuchinke in Brieskorn/Mikat/Müller, Vom mittelalterlichen Recht zur neuzeitlichen Rechtswissenschaft, 1994, 403 (414).
[7] Kuchinke (Fn 6), 407 (416).
[8] Kuchinke (Fn 6), 407 (414).
[9] BGH BeckRS 2013, 01486.
[10] BGH BeckRS 2013, 01486.
[11] Staudinger/Mayer (Fn 4), Art. 59 Rn 15; Edenfeld, DNotZ 2003, 4 (5).
[12] Eckert, Der Kampf um die Familienfideikommisse in Deutschland, 1992, 23; Staudinger/Mayer (Fn 4), Art. 59 Rn 9; Kuchinke (Fn 6),403 (406).

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