I. Haushaltsverträgliche Abschaffung der Mindestbesteuerung

Nach Dr. Dorenkamp sollte die Abschaffung der Mindestbesteuerung ganz vorrangiges Ziel der Steuerpolitik im Rahmen einer Neuordnung der steuerlichen Verlustverrechnung in Deutschland sein. Die Mindestbesteuerung verpflichte einen Steuerpflichtigen zu Steuerzahlungen, auch wenn insgesamt ein Null- oder sogar negatives Ergebnis erzielt worden sei. Dies verstoße gegen das objektive Nettoprinzip, was der Gesetzgeber nicht mit steuersystematischen Argumenten, sondern lediglich mit dem gewaltigen Verlustvortragspotenzial der Unternehmen begründe.

Zwar sei dem Gesetzgeber zuzustimmen, dass der Bestand an Verlustvorträgen mit je rund 500 Mrd. EUR (Körperschaft- und Gewerbesteuer) im VZ 2004 hoch erscheine. Fiskalisch relevant für die Bestimmung des Haushaltsrisikos durch die Abschaffung der Mindestbesteuerung sei jedoch nicht die Bestandshöhe der Verlustvorträge, sondern ausschließlich der tatsächlich in Anspruch genommene Verlustabzug. Tatsächlich sei in den VZ 1998 bis 2004 vom gesamten Verlustvortragsbestand nur ein relativ geringer Verlustabzug in einem Umfang von 17 bis 25 Mrd. EUR vorgenommen worden.

Der Gesetzgeber könne eine haushaltsverträgliche Abschaffung der Mindestbesteuerung erreichen, indem die Mindestbesteuerung zunächst nur noch auf Altverluste beschränkt würde, d. h. Neuverluste könnten vollständig berücksichtigt werden ("Phasing-Out-Modell"). Eine solche Regelung würde im Einführungsjahr für den Fiskus keine Mindereinnahmen zur Folge haben. Sämtliche Verluste der Vergangenheit wären weiterhin in der Mindestbesteuerung "verhaftet". Da Altverluste durch diese Übergangsregelung jedoch dauerhaft gegenüber Neuverlusten benachteiligt würden, sollte das "Phasing Out Modell" durch eine zweite Übergangsregelung ergänzt werden. Ein ratierliches Abschmelzen der 40%igen Mindestbesteuerung würde die zeitweise Benachteiligung der Altverluste abmildern und erscheine deshalb ratsam, z. B. über acht Jahre um 5 Prozentpunkte p. a. (sog. "Abschmelzmodell").

II. Neustrukturierung der Mindestbesteuerung

Nach Herrn Rennings sei ein zentraler Punkt der Diskussion um die Neustrukturierung der Verlustverrechnung die Mindestbesteuerung. Untersuchungen hätten ergeben, dass sie in konjunkturell guten Jahren zu einer Erhöhung des Steueraufkommens von ca. 3 Mrd. EUR bei vergleichsweise geringen Belastungswirkungen auf Seiten der Steuerpflichtigen führe. Statistische Zahlen belegten, dass lediglich 2.810 von 800.000 Körperschaftsteuersubjekten und 2.871 von über 2,6 Mio. Gewerbesteuerpflichtigen durch die Mindestbesteuerung tatsächlich belastet würden. Der Mittelstand werde hingegen aufgrund des Sockelbetrags von 1 Mio. EUR regelmäßig nicht erfasst.

Bei Beibehaltung der Mindestbesteuerung müsse allerdings eine verbesserte Abstimmung mit anderen Verlustverrechnungsbeschränkungen gewährleistet werden. Zu denken sei hier an Fälle, in denen die Mindestbesteuerung mit dem Wegfall von Verlusten in Umwandlungsfällen (§ 12 Abs. 3 iVm § 4 Abs. 2 UmwStG) oder durch Gesellschafterwechsel (§ 8 c KStG) zusammenwirke. Ein Wegfall der Mindestbesteuerung würde allerdings zu erheblichen Steuermindereinnahmen führen, die bspw. durch eine Begrenzung des Verlustvortrages kompensiert werden könnten. Die von Dr. Dorenkamp vorgeschlagene Kombinationslösung aus "Phasing-Out-Modell" und "Abschmelzmodell" löse das Problem nicht. Vielmehr müsse versucht werden, die Verlustverrechnungsmöglichkeiten in zeitlicher Hinsicht zu kappen, was auch im internationalen Vergleich durchaus üblich sei. Als gesetzgeberischer Lösungsansatz könnte eine zeitliche Begrenzung der Verlustvortragsmöglichkeit auf fünf oder sieben Jahre in Betracht kommen. Eine alternative Lösung könnte eine degressive Abschmelzung des Verlustvortrags sein. Dieser Ansatz hätte zur Folge, dass sich der Verlustvortrag z. B. bei einer Abschmelzung in Höhe von 10 % nach zehn Jahren um ca. 60 % reduzieren würde. Eine solche zeitliche Begrenzung müsse aber unter Abwägung des Prinzips der Abschnittsbesteuerung und des Nettoprinzips sorgfältig geprüft werden.

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