Kommentar zu Bothe, ZErb 2008, 309

Einführung

Im Rahmen der geplanten Erbrechtsreform soll ein neuer § 2057 b BGB geschaffen werden, der eine Ausgleichungspflicht bei Pflegeleistungen eines gesetzlichen Erben schafft. Bothe beschäftigte sich in seinem Beitrag in der ZErb 2008, 309 mit der konkreten Berechnung, wenn Ausgleichungspflichten nach § 2057 b BGB-E mit solchen nach § 2050 BGB oder § 2057 a BGB zusammentreffen. Bothe sieht hier Ungereimtheiten und Wertungswidersprüche.

Bothe bildet hierzu drei Beispielsfälle, von denen der erste Fall der Einführung dient und die Fälle 2 und 3 unmittelbar das aufgeworfene Problem behandeln. Für die Beispielsfälle 2 und 3 soll hier ein von Bothe abweichender Lösungsweg aufgezeigt werden, bei dem es nicht zu Wertungswidersprüchen kommt. Dem Aufsatz von Bothe liegt ein Standardfall zugrunde: Der Erblasser und seine Ehefrau F sind in Zugewinngemeinschaft verheiratet. Sie haben zwei Abkömmlinge: A und B. Es tritt gesetzliche Erbfolge ein. Der Nettonachlass beträgt 100.000 EUR. Alle Werte sind nachstehend soweit erforderlich indexiert.

Im Beispielsfall 2 kann die Ehefrau F Ausgleichung für Pflegeleistungen nach § 2057 b BGB-E im Wert von 20.000 EUR verlangen. A erhielt einen ausgleichungspflichtigen Vorempfang im Wert von 40.000 EUR. Nach § 2050 BGB findet die Ausgleichung nur zwischen den Abkömmlingen statt, während die Ausgleichung nach § 2057 b BGB-E zwischen allen gesetzlichen Erben erfolgen muss.

Ausgleichung zwischen F, A und B

 
100.000 EUR Nettonachlass
./. 20.000 EUR Pflege der F, §§ 2057 b I 2 BGB-E, 2057 a IV 2 BGB
= 80.000 EUR fiktiver Nachlass

Anteil der F

davon 1/2 für F, §§ 1931 I 1, 1. Var., 1371 I BGB

 
= 40.000 EUR  
+ 20.000 EUR, §§ 2057 b I 2 BGB-E, 2057 a IV 1 BGB
= 60.000 EUR  

Ausgleichung zwischen A und B

Rest 1/2 für A und B

 
= 40.000 EUR  
+ 40.000 EUR Vorempfang des A, § 2055 I 2 BGB
= 80.000 EUR fiktiver Nachlass

davon A und B je 1/2, § 1924 IV BGB = 40.000 EUR (Zwischenergebnis)

Anteil B

40.000 EUR gem. vorstehendem Zwischenergebnis

Anteil A

 
40.000 EUR  
./. 40.000 EUR Vorempfang des A, § 2055 I 1 BGB
= 0 EUR  

Ergebnis: F: 60.000 EUR, A: 0 EUR, B: 40.000 EUR = gesamt 100.000 EUR

Das Ergebnis ist auch stimmig. Zunächst ordnen sowohl § 2057 a IV 2 BGB als auch § 2055 I 2 BGB an, dass die Berechnung sich jeweils nur auf die Miterben bezieht, die zur Ausgleichung verpflichtet sind. Wertungsmäßig wäre der Nachlass um 20.000 EUR geringer gewesen, wenn der Erblasser die Pflegeleistungen seiner Ehefrau hätte zukaufen müssen. Diese 20.000 EUR erhält die F im Ergebnis extra. Da A bereits einen Vorempfang im Wert von 40.000 EUR erhalten hat, hat er im Ergebnis genau so viel wie B, wenn B nunmehr die verbleibenden 40.000 EUR allein erhält. Das Ergebnis entspricht somit der Gerechtigkeitsvorstellung, die den Ausgleichungsvorschriften immanent ist.

Der von Bothe gebildete Beispielsfall 3 unterscheidet sich nur darin, dass A keinen ausgleichungspflichtigen Vorempfang erhalten hat, dafür aber nach § 2057 a I 1 BGB auszugleichende Leistungen im Wert von 40.000 EUR erbracht hat. F kann wiederum Ausgleichung nach § 2057 b BGB im Wert von 20.000 EUR verlangen. Die Ausgleichung nach § 2057 a BGB findet ebenfalls nur zwischen den Abkömmlingen statt.

Ausgleichung zwischen F, A und B

 
100.000 EUR Nettonachlass
./. 20.000 EUR Pflege der F, §§ 2057 b I 2 BGB-E, 2057 a IV 2 BGB
= 80.000 EUR fiktiver Nachlass

Anteil der F

davon 1/2 für F, §§ 1931 I 1, 1. Var., 1371 I BGB

 
= 40.000 EUR  
+ 20.000 EUR §§ 2057 b I 2 BGB-E, 2057 a IV 1 BGB
= 60.000 EUR  

Ausgleichung zwischen A und B

Rest 1/2 für A und B

 
= 40.000 EUR  
./. 40.000 EUR Leistungen des A, § 2057 a IV 2 BGB
= 0 EUR (Zwischenergebnis)

Anteil B

0 EUR gem. vorstehendem Zwischenergebnis

Anteil A

 
0 EUR  
+ 40.000 EUR Leistungen des A, § 2057a IV 1 BGB
= 40.000 EUR  

Ergebnis: F: 60.000 EUR, A: 40.000 EUR, B: 0 EUR

Das Ergebnis ist wiederum wertungsmäßig stimmig. Hätte der Erblasser die Pflegeleistungen im Wert von 20.000 EUR von F gekauft, so hätte der Nachlass 80.000 EUR betragen. F und die Abkömmlinge hätten je 40.000 EUR erhalten und der Wert der Pflegeleistungen wäre zusätzlich an F geflossen. Sie hätte somit ebenfalls 60.000 EUR erhalten.

Der Anteil der Kinder steht dem A allein zu. A erhält damit nachträglich seine Dienste vergütet, was im Verhältnis zwischen A und B gerecht ist. Möchte B mehr haben, so müsste dies vom Erbe der Ehefrau F abgezogen werden. Nach der derzeitigen gesetzgeberischen Grundentscheidung soll die Ehefrau aber nicht in die Ausgleichung einbezogen werden.

Zusammenfassend lässt sich das Ergebnis durch unmittelbare Anwendung des Gesetzeswortlauts ableiten und ist in sich stimmig. Im Gegensatz zu den Ausführungen von Bothe beruht das Ergebnis im Wesentlichen darauf, dass zunächst die Ausgleichung unter allen Miterben erfolgt und erst danach die Ausgleichung innerhalb der kleineren Gruppe der Abkömmlinge.

Auf einen Blick

 

Der Beitrag behandelt zwei von Bothe gebildete Beispielsfälle zum Zusammentreffen von Ausgleichungspflichten ...

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