Die nach den §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 FGG zulässige weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des LG Erfurt beruht auf einem Rechtsfehler, §§ 27 FGG, 546 ZPO.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen steht das Recht, die Anordnung der Nachlassverwaltung zu beantragen, nicht nur dem unmittelbaren Erben, sondern auch dem Erbeserben zu und unterliegt keinen zeitlichen Beschränkungen.

Nach § 1981 Abs. 1 BGB ist die Nachlassverwaltung von dem Nachlassgericht anzuordnen, wenn der Erbe die Anordnung beantragt. Weitere Voraussetzungen oder eine zeitliche Begrenzung sieht § 1981 BGB nicht vor. Nach § 2013 Abs. 1 Satz 1 BGB steht dem Erben nur dann kein Antragsrecht zu, wenn er für die Nachlassverbindlichkeiten (bereits) unbeschränkt haftet. Miterben können die Nachlassverwaltung nur gemeinschaftlich und vor Erbauseinandersetzung beantragen (§ 2062 BGB). Neben den Erben sieht das Gesetz nur für den Nachlassgläubiger (§ 1981 Abs. 2 BGB), den Nacherben (§ 2144 BGB) und den Erbschaftskäufer (§ 2383 BGB) ein Antragsrecht ausdrücklich vor.

Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Regelung auch für den Erbeserben ist jedoch nicht zu schließen, dass ihm ein Antragsrecht nicht zustehen soll. Seine Berechtigung ergibt sich vielmehr unmittelbar aus § 1922 BGB. Die in § 1922 BGB normierte Gesamtrechtsfolge bedeutet den Übergang aller vererblichen Rechtspositionen auf den Erben. So gehen nicht nur das Aktivvermögen und die Verbindlichkeiten (sei es unmittelbar nach § 1922 BGB oder nach § 1967), sondern auch sonstige bestehende vermögensrechtliche Rechtslagen, wie z. B. ein Anwartschaftsrecht oder die Bindung an ein Vertragsangebot, über, soweit sie nicht kraft Gesetzes oder aufgrund vertraglicher Vereinbarung in besonderem Maße personenbezogen sind. Im Zweifel ist von der Vererblichkeit auszugehen, da § 1922 BGB die Regel des Übergangs formuliert (vgl. Leipold in MüKo/BGB, § 1922 Rn 16, 21; Soergel/Stein, 13. Aufl., § 1922 Rn 14). Die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass stellt eine solche vermögensrechtliche Rechtslage dar. Weder weist diese Position besondere personellen Bezüge auf noch ändert sich mit dem Rechtsübergang auf den Erbeserben der Inhalt der Rechts. Auch gereicht der Übergang auf den Erbeserben den Nachlassgläubigern nicht zum Nachteil. Diese müssen nämlich auch zu Lebzeiten des Erben ohne zeitliche Beschränkung und ohne Rücksicht auf eine erfolgte Vermischung des Nachlasses mit dem Eigenvermögen des Erben jederzeit mit einer Berufung des Erben auf die beschränkte Erbenhaftung rechnen. Eine Einschränkung dieses Rechts kommt nur dann in Betracht, wenn der Erbe durch sein Verhalten zu verstehen gegeben hat, er werde dieses Recht nicht mehr geltend machen; nur dann kann sein Recht, sich auf die beschränkte Haftung zu berufen und damit bereits sein Antragsrecht nach 1981 Abs. 1 BGB verwirkt sein. Dafür ist vorliegend aber nichts ersichtlich. Durch den Übergang der Rechtsposition auf den Erbeserben ändert sich die Rechtsposition des Nachlassgläubigers nicht. Ebenso wie von dem Erben kann er nun von dem Erbeserben die Inventarerrichtung verlangen. Eventuelle Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Inventars beruhen nicht auf dem Rechtsübergang vom Erben auf den Erbeserben, sondern rühren aus der Vermögensvermischung und dem Zeitablauf seit dem Versterben des W. G. her. Sie bestünden auch ohne das Ableben der E. G.

Bereits aus § 1998 BGB ergibt sich, dass die Pflicht zur Inventarerrichtung (als Voraussetzung für die beschränkte bzw. unbeschränkte Erbenhaftung) auf den Erbeserben übergeht. Gleiches gilt im Übrigen für die Verpflichtung des Erben, die Richtigkeit eines Nachlassverzeichnisses an Eides Statt zu versichern (vgl. OLG München MDR 1987, 416). Wenn der Erbeserbe sich aber ebenso wie der Erbe auf die beschränkte Erbenhaftung berufen können soll, so müssen ihm auch die zu einer Haftungsbeschränkung oder einem Haftungsaufschub führenden Antragsrechte und Einreden zur Verfügung stehen (vgl. Dörner, FS für Murad Ferid (1988), S. 57, 69; Staudinger/Marotzke (2008), § 1922 Rn 229; Soergel/Stein, 13. Aufl., § 1922 Rn 33). Der Erbe kann damit bei der Rechtsnachfolge in Nachlassverbindlichkeiten die haftungsbeschränkenden Maßnahmen treffen, die dem Erben möglich waren, und damit auch die Anordnung der Nachlassverwaltung beantragen.

Für eine Verwirkung des Antragsrechts durch die Erbeserben sind keinerlei Anhaltspunkte vorhanden.

Das Nachlassgericht wird daher unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu prüfen haben, ob die Nachlassverwaltung über den Nachlass des W. G. anzuordnen ist oder der Anordnung eventuell andere Gründe entgegenstehen. (...)

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