In immer neuen Varianten schreibt das Leben die Geschichte eines Erblassers, der seine beiden Kinder gleichmäßig bedenken möchte. Aus je eigenen Gründen möchte er aber auch, dass sie das Erbe nicht verwalten, jedenfalls nicht sofort, sondern dass das ein Testamentsvollstrecker erledigt. Er weiß, dass eines seiner Kinder sich fragen wird, ob der Testamentsvollstrecker postume Hilfe oder Bevormundung ist. Je nachdem, wie es antwortet, wird es das Erbe samt Testamentsvollstrecker annehmen oder ausschlagen und seinen Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil wiederum kann den Nachlass ruinieren. Zumindest wird er ihn erheblich schmälern.

Das ist dem Erblasser Anlass, seinen Rechtsberater[3] zu fragen, was sich machen lässt. Dann wird ihm gesagt werden, dass er mit dem Kind einen Pflichtteilsverzicht vereinbaren kann, der ihn allerdings jetzt schon Geld kostet. Winkt der Erblasser ab, wird er erfahren, dass er nur noch die Möglichkeit hat, dem Kind eine Zuwendung zu machen, die seinem Pflichtteil gleichkommt, aber frei von Testamentsvollstreckung ist.

Die Zuwendung kann ein Vermächtnis sein.[4] Aber es hilft nur weiter, wenn sich im Vermögen des Erblassers Gegenstände von ausreichendem Wert befinden, mit denen es erfüllt werden kann. Sonst hat es den gleichen Geldabfluss zur Folge wie der Pflichtteil. Da der Erblasser sein Vermögen nicht so passend strukturiert hat, bleibt nur eine Erbeinsetzung. Sie kann dem Kind wahlweise angeboten werden und bindet, wird der Erblasser auch erfahren, das Kind in eine Erbengemeinschaft mit allen Rechten und Pflichten ein. Es kann zwar jederzeit die Auseinandersetzung der Gemeinschaft verlangen oder gegen Abfindung ausscheiden. Aber das braucht Zeit. Und abgerechnet wird nicht nach dem Wert des Nachlasses im Erbfall, wie beim Pflichtteil, sondern nach dem Wert bei Abschluss der Auseinandersetzung oder dem Ausscheiden. Vielleicht können auch die anderen Kinder eine Zerschlagung des Nachlasses verhindern. Wer weiß.

So mit Sachverstand ausgestattet macht sich der Erblasser ans Werk. Er ist, um der einfacheren Darstellung willen, erbrechtlich alleinstehend, hat also keinen Ehegatten oder Lebenspartner, der auch pflichtteilsberechtigt ist. Auch ist er erbrechtlich ungebunden, sodass er ohne Weiteres ein Testament machen kann. Darin möchte er seine Kinder vor die Wahl zwischen einem mit Testamentsvollstreckung belasteten Erbteil und dem Pflichtteil stellen.

[3] Oder seine Rechtsberaterin.
[4] Kanzleitner, DNotZ 1993, 780, 785.

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