Die Untersuchung der Konstellationen "Gesetzlicher Vertreter als Testamentsvollstrecker" und "Vorerbe als Nacherbenvollstrecker" beweist, dass es einen Grundsatz, wonach nicht Testamentsvollstrecker sein könne, wer zugleich eigene oder andere Interessen vertrete, nicht gibt, und daher aus ihm auch keine generelle Unzulässigkeit derartiger Doppelstellungen abgeleitet werden kann.

Unter Zugrundelegung der hier vertretenen Ansicht können auch Patchwork-Situationen in überschaubarem Rahmen geregelt werden. Es ist denkbar, den Ehegatten und Elternteil, der wegen eines eigenen vorehelichen Kindes nicht Vollerbe sein soll, und der als Längerlebender der alleinige gesetzliche Vertreter der gemeinsamen Kinder ist, sowohl als Vorerben als auch als Nacherbenvollstrecker für die gemeinsamen Kinder als Nacherben einzusetzen. So werden einerseits Pflichtteilsrechte vorehelicher Kinder des Ehegatten auf dessen eigenes Vermögen begrenzt; andererseits steht man deshalb aber nicht vor der Herausforderung, entweder zwei weitere Personen des Vertrauens zur Nachlassabwicklung (nämlich einen Ergänzungspfleger für die Kinder und einen davon verschiedenen Nacherbentestamentsvollstrecker) zu finden oder den Nachlass nur unter fast unüberwindlichem bürokratischem Aufwand[60] verwalten oder umschichten zu können. Ein Ergänzungspfleger wäre dann allenfalls für die Entscheidung über die Ausschlagung der Nacherbschaft zur Geltendmachung des Pflichtteils einmalig erforderlich. Findet eine solche nicht statt, kann der überlebende Ehegatte den Nachlass für alle Beteiligten verwalten. Es ist zu hoffen, dass der BGH seine in den hier angeführten Entscheidungen ersichtliche testierfreundliche Linie zu potentiellen Interessenkonflikten des Testamentsvollstreckers beibehält und diese Linie in den unteren Instanzen umgesetzt wird.

[60] Hierzu gehören die Erteilung von Nacherbenzustimmungen durch einen gerichtlich bestellten Ergänzungspfleger zu jeder Verfügung des Vorerben, die möglicherweise vom Grundbuchamt als unentgeltlich anzusehen sein könnte, sowie die Erteilung der Zustimmung zur Löschung von Nacherbenvermerken durch einen Ergänzungspfleger für die Nacherben und einen ebenfalls hierfür zu bestellenden Nachlasspfleger für die unbekannten Ersatznacherben, jeweils vorbehaltlich (familien- bzw. nachlass-)gerichtlicher Genehmigungen.

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