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Wer Inhaber eines Einzelunternehmens, Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder Anteile an Kapitalgesellschaften hält, sollte sich möglichst früh mit der Frage beschäftigen, wie das betriebliche Vermögen möglichst steuerneutral auf die Nachfolger oder Abkömmlinge übertragen wird. Da insbesondere eine erbschafts- bzw. schenkungssteuerliche Belastung, die auf das Betriebsvermögen abzielt, die wirtschaftliche Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beeinflusst, sind langfristige Gestaltungsinstrumente zur Optimierung oder gar Vermeidung der Steuerlast unerlässlich. Vor allem die Komplexität der einschlägigen Normen im ErbStG macht eine umfassende fachliche Beratung und Auseinandersetzung mit diesem Thema zum Wohle einer ungefährdeten Liquidität der Unternehmen und einer langfristigen Steuerplanung zwingend notwendig. Da die Erbschaftsteuer bis heute eine "Gestaltungssteuer" ist, bedarf es einer genauen Betrachtung, um die ohnehin bereits hochkomplexe Steuerplanung, insbesondere bei der vorweggenommenen Erbfolge, so weit wie nur möglich optimieren zu können.

A. Übertragung von Betriebsvermögen im Erbschaft- u.’Schenkungsteuerrecht

I. Betriebsvermögen als Teil eines Erwerbs i.S.d. ErbStG

Durch die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer werden gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1-4 ErbStG Erwerbe von Todes wegen, Schenkungen unter Lebenden, Zweckzuwendungen wie auch das Vermögen von sog. Familienstiftungen besteuert. Da regelmäßig auch betriebliches Vermögen im Erb- oder Schenkungsfall anfallen kann, stellt sich für Erblasser/Schenker und Erwerber die Frage, wie das ErbStG entsprechende Erwerbe behandelt.

II. Derzeitige Rechtslage bei der Übertragung von Betriebsvermögen im ErbStG

Im ErbStG sind für Übertragungen von Betriebsvermögen sachliche Steuerbefreiungen, vgl. §§ 13a, 13c ErbStG, ein Erlass nach § 28a ErbStG, eine Tarifverschonung, vgl. § 19a ErbStG wie auch eine Stundungsmöglichkeit nach § 28 Abs. 1 ErbStG vorgesehen. Sinn und Zweck dieser Begünstigungen ist der Schutz der Liquidität von Unternehmen sowie die Sicherstellung von den im Betrieb vorhandenen Arbeitsplätzen.[2] 2014 stellte das BVerfG fest, dass die §§ 13a ff. ErbStG a.F. aufgrund einer Überprivilegierung von Betriebsvermögen ab einer bestimmten Wertgröße einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG darstellen und damit verfassungswidrig gewesen sind.[3] Nach der darauf folgenden Anpassung des ErbStG bestehen weiterhin großzügige Verschonungsregelungen für die Übertragung von Betriebsvermögen, diese sind jedoch seit der Erbschaftsteuerreform deutlich differenzierter und komplexer.[4]

[2] BT-Drucks 18/5923, 1.
[4] Bäuml, DB 2018, 521, 521.

1. Regelverschonung § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG

Nach § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG wird begünstigtes Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG zu 85 % steuerfrei gestellt, soweit die Summe von 26 Mio. EUR nicht überschritten wird. Hierbei handelt es sich um eine Freigrenze, sobald diese überschritten wird, ist die Regelverschonung ausgeschlossen.[5] § 13a Abs. 1 S. 2 ErbStG stellt klar, dass bei mehreren Erwerben von derselben Person innerhalb von zehn Jahren eine Hinzurechnung erfolgt. Für die Gewährung der Verschonung bestehen diverse Voraussetzungen, die im Folgenden näher dargestellt werden.

[5] Von Oertzen/Loose/Stalleiken, ErbStG, § 13a Rn 35.

a. Wertermittlung des Betriebsvermögens

Zur Steuerberechnung ist eine Wertermittlung des übergegangenen Vermögens notwendig. Soweit inländisches Betriebsvermögen vorliegt, erfolgt der Wertansatz mit dem gemeinen Wert gem. § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG, soweit Anteile an Kapitalgesellschaften übertragen werden nach § 12 Abs. 2 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BewG. Die Bewertung von Unternehmensvermögen erfolgt somit grundsätzlich rechtsformneutral, so kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfasst werden.[6]

[6] Vgl. BVerfG, Urt. v. 7.11.2006 – BvL 10/02, BStBI II 2007, 192, Rn 104.

b. Ermittlung von begünstigungsfähigem Betriebsvermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG

Bei den Steuerbegünstigungen für Betriebsvermögen wird zunächst unterschieden zwischen begünstigungsfähigem, begünstigtem und dem Verwaltungsvermögen. § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG verweist auf § 13b Abs. 2 ErbStG zur näheren Bestimmung. Eine Auflistung von begünstigungsfähigem Vermögen ergibt sich aus § 13b Abs. 1 Nr. 1-3 ErbStG. Folglich fällt unter begünstigungsfähiges Vermögen land- und forstwirtschaftliches Vermögen i.S.v. § 168 Abs. 1 Nr. 1 BewG mit dazugehörigen bewirtschafteten Grundstücken i.S.v. § 159 BewG (Nr. 1). Inländisches Betriebsvermögen i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i.V.m. §§ 95-97 BewG erfasst alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 Abs. 1, 2 EStG, die bei steuerlicher Gewinnermittlung dem Betriebsvermögen zugehörig sind, nach § 96 Abs. 1 BewG steht dem Gewerbebetrieb zudem die Ausübung eines freien Berufs nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gleich. Wann von einer Mitunternehmerschaft auszugehen ist, ergibt sich ebenfalls aus dem Ertragssteuerrecht.[7] Begünstigungsfähig sind ferner Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland, der EU oder dem EWR, wenn der Erblasser oder Schenker an dieser zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt gewesen ist (Nr. 3).

[7] Von Oertzen/Loose/Stalleiken, ErbStG, § 13b Rn 34; Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, § 13b Rn 11.

c. Ermittlung des Verwaltungsvermögens

Im Ge...

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