Die sog. "Abschmelzfalle" beschreibt einen Sachverhalt, bei dem ein Erwerber von Großvermögen zunächst einen unwiderruflichen Antrag nach § 13c Abs. 1 S. 1 ErbStG gestellt hat und innerhalb der Zehn-Jahres-Frist der Zusammenrechnung der Erwerbe weiteres Betriebsvermögen unentgeltlich erwirbt, sodass die o.g. Schwellenwerte überschritten werden, hierbei erfolgt eine neue Steuerberechnung für den Ersterwerb, während der Neuerwerb schon von vorneherein nicht begünstigt wird.[57] Fraglich ist hierbei, ob dem Erwerber zumindest die Möglichkeit der Verschonungsbedarfsprüfung eröffnet ist.

[57] Reich, DStR 2017, 1858, 1862; von Oertzen/Loose.Stalleiken, ErbStG, § 13c Rn 16.

a. Eine Ansicht: Antragsrecht verbraucht

Die Finanzverwaltung hat sich nicht konkret zu entsprechenden Sachverhalten geäußert. Aus der ErbStR 2019 lässt sich entnehmen, dass die Minderung des Verschonungsabschlags sowohl für den letzten als auch für den früheren Erwerb gilt.[58] Dies könnte für einen Antragsverbrauch sprechen mit der Rechtsfolge, dass der Erwerber keine Möglichkeit hat, einen Antrag auf Verschonung nach § 28a ErbStG zu stellen.[59]

[58] R E 13c.4 Abs. 1 S. 1 ErbStR.
[59] So von Oertzen/Loose/Stalleiken, ErbStG, § 13c Rn 16.

b. Andere Ansicht: Verschonungsbedarfsprüfung weiterhin möglich

Diese negative Konsequenz für den Erwerber wird in der Literatur kritisiert.[60] Daher wird zum Teil gefordert, im Billigkeitswege dem Erwerber die Möglichkeit zu geben, einen Antrag auf Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28c ErbStG zu stellen.[61]

[60] Reich, DStR 2017, 1858, 1862.
[61] Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, § 13c Rn, 11; T/G/J/G/Jülicher, ErbStG, § 13c Rn 23.

c. Stellungnahme

Die "Abschmelzfalle" kann insbesondere den Erwerber treffen, wenn unvorhergesehen weiteres Betriebsvermögen von Todes wegen vererbt wird. Da ein solcher Erbanfall nicht geplant werden kann wie bei einer Schenkung, sollte dem Erwerber zumindest die Möglichkeit gegeben werden, die Verschonungsbedarfsprüfung in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der derzeitigen Auffassung der Finanzverwaltung sollte daher, bevor ein unwiderruflicher Antrag nach § 13c ErbStG gestellt wird, umfassend geprüft werden, inwiefern von Todes wegen weiteres Betriebsvermögen innerhalb der Zehn-Jahres-Frist auf den Erwerber übergehen könnte. Soweit ein entsprechendes Risiko erkannt wurde, empfiehlt es sich, zunächst einen widerruflichen Antrag nach § 28a ErbStG zu stellen.

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