Nach der durch das SEStEG vom 13.12.2006[48] eingeführten Vorschrift zur gegenständlichen Entstrickung begründet die einkommensteuerliche Beschränkung (z.B. bei DBA mit Anrechnungsmethode oder bei Fehlen eines DBA) oder der Ausschluss (z.B. bei DBA mit Freistellungsmethode) des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit einem Wegzug (ohne Veräußerung oder Entnahme) die Fiktion einer Entnahme.

Nach der Gesetzesbegründung zum SEStEG[49] soll diese Vorschrift lediglich eine Klarstellung der bisherigen Rechtsprechung sein, womit insbesondere die rückwirkende Anwendbarkeit ab 2006 begründet wird. Dem ist nicht zu folgen. Vielmehr gab es bis zur Einführung dieser Vorschrift durch das SEStEG keinen allgemeinen Entstrickungsgrundsatz.[50] Die Verwaltung musste in der Vergangenheit das Vorliegen der Voraussetzungen der leges speciales § 4 Abs. 1 S. 2 EStG (Entnahme) oder § 16 Abs. 3 EStG (Betriebsaufgabe) darlegen, um in Fällen des Wegzugs zu einer Besteuerung zu kommen.

Rechtsfolge der Vorschrift ist grundsätzlich die sofortige Besteuerung der stillen Reserven, ohne dass es zu einer Veräußerung kommt. Insbesondere die Überführung eines Wirtschaftsguts von einem inländischen Betrieb in eine ausländische Betriebsstätte soll demnach eine fiktive Entnahme i.S.d. Vorschrift darstellen, falls der Gewinn der ausländischen Betriebsstätte aufgrund DBA von der deutschen Besteuerung freigestellt oder die ausländische Steuer im Inland anzurechnen ist.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 Hs. 2 EStG ist als Entnahmewert jedoch nicht wie üblich auf den Teilwert abzustellen, sondern auf den gemeinen Wert. Nach § 9 Abs. 2 S. 1 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des (einzelnen) Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Demgegenüber ist der Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wenn er den Betrieb fortsetzen würde. Der Gesetzgeber verspricht sich mit dem Abstellen auf den gemeinen Wert einen im Vergleich zum Teilwert höheren Wert. Hierzu heißt es, dass der gemeine Wert auch einen Gewinnaufschlag enthalten soll.[51]

[48] BGBl I 2006, 2782.
[49] BT-Drucks 16/2710, 28.
[50] Pohl, IFA Nationalbericht 2002, S. 273, 275.
[51] BT-Drucks 16/2710, 28.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge