Das Behindertentestament ist für sich schon ein Randgebiet, das auch viele versierte Erbrechtsanwälte meiden und sich nur widerwillig damit auseinandersetzen. Noch spezieller ist die Frage, wer die Kosten einer Betreuung bei Vorliegen eines klassischen Behindertentestaments zu tragen hat. Nachdem in der jüngeren Vergangenheit zu dieser Frage zahlreiche obergerichtliche, aber auch höchstrichterliche Entscheidungen ergingen, lohnt es sich die Frage genauer zu betrachten. Der nachfolgende Aufsatz soll daher der Frage nachgehen, ob und inwieweit es im Rahmen eines Behindertentestaments aus Sicht des Betreuten vermieden werden kann, dass dem Betreuten die Gebühren für die Betreuung auferlegt werden.

Für die Betreuung eines behinderten Menschen entstehen naturgemäß Kosten. Die Jahresgebühren für die Dauerbetreuung richten sich nach Nr. 11101 GNotKG. Maßgeblich ist das "Vermögen des von der Maßnahme Betroffenen …", also des Betreuten. Die Kosten eines Berufsbetreuers sind im Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) geregelt.

Bei einem klassischen Behindertentestaments ordnet der Erblasser gem. § 2209 BGB eine Dauertestamentsvollstreckung an, womit gem. § 2211 BGB ein Verfügungsverbot des Erben einhergeht. Das hat zur Folge, dass der Betreuer über die der’Testamentsvollstreckung unterliegenden Vermögenswerte nicht verfügen kann, auch wenn ihm die Vermögenssorge des Betreuten zusteht.[2]

Die Rechtsprechung erkennt die rechtliche Zulässigkeit einer solchen Konstruktion übereinstimmend an. Zuletzt hat der BGH[3] entschieden, dass ein Behindertentestament auch nicht allein deshalb sittenwidrig ist, weil in der letztwilligen Verfügung konkrete Verwaltungsanweisungen an den Testamentsvollstrecker fehlen, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang und zu welchen Zwecken der Betroffene Vorteile aus dem Nachlass erhalten soll.

Fraglich ist, ob die Betreuervergütung in diesem Fall aus dem vom Testamentsvollstrecker verwalteten Vermögen bezahlt werden muss.

Dafür gelten nach dem BGH[4] die folgenden Grundsätze: Vergütungsschuldner des Berufsbetreuers ist bei Mittellosigkeit des Betreuten die Staatskasse (§§ 1908 i Abs. 1, S. 1, 1836 Abs. 1, S. 3 BGB iVm § 1 Abs. 2, S. 2 VBVG) und bei vorhandenem verwertbarem Vermögen der Betreute selbst (§§ 1908 i Abs. 1, S. 1, 1836 Abs. 1 BGB iVm § 1 Abs. 2, S. 1 VBVG). Soweit die Staatskasse Leistungen zur Vergütung eines Betreuers erbracht hat, geht gem. § 1908 i Abs. 1 i.V.m § 1836 e Abs. 1, S. 1 BGB der Anspruch des Betreuers gegen den Betreuten auf die Staatskasse über. Ob bzw. inwieweit die Staatskasse den Betreuten aus der übergegangenen Forderung tatsächlich in Anspruch nehmen kann, bestimmt sich nach dessen Leistungsfähigkeit. Maßstab hierfür ist das nach § 1836 c BGB einzusetzende Einkommen und Vermögen des Betreuten, auf das seine Inanspruchnahme begrenzt ist. Das vom Betreuten einzusetzende Vermögen bestimmt sich gem. § 1836 c Nr. 2 BGB nach § 90 SGB XII. Dabei geht § 90 Abs. 1 SGB XII von dem Grundsatz aus, dass das gesamte verwertbare Vermögen für die Betreuervergütung einzusetzen ist, soweit es nicht zu dem in § 90 Abs. 2 SGB XII abschließend aufgezählten Schonvermögen gehört. Im Übrigen bleibt gem. § 90 Abs. 3 SGB XII Vermögen unberücksichtigt, dessen Einsatz oder Verwertung für den Betroffenen eine Härte bedeuten würde.

Ob der Betreute über verwertbares Vermögen verfügt, ist eine Frage des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob und inwieweit der’Testamentsvollstrecker das verwaltete Vermögen an oder zugunsten des Betreuten ausbezahlt. Der Wille des Erblassers hat hier uneingeschränkten Vorrang vor der gesetzlichen Regelung des § 2216 Abs. 1 BGB, wonach der Testamentsvollstrecker zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet ist.[5]

Häufig wird dem Testamentsvollstrecker ein weitgehendes Ermessen darüber eingeräumt, ob und inwieweit er das verwaltete Vermögen an bzw. zugunsten des Betreuten ausbezahlt. In einer solchen Konstellation besteht die Gefahr, dass die Verfügung dahingehend ausgelegt wird, dass die Kosten für die Vergütung des gesetzlichen Betreuers nach dem Willen des Erblassers zu übernehmen sind, ohne dass ein Ermessenspielraum des Testamentsvollstreckers besteht, weil dies zur Wahrung der eigenen Rechte des Betreuten erforderlich ist.[6] Das LG Krefeld[7]  hat bereits im Jahre 2007 ein klassisches Behindertentestament so ausgelegt, dass ein durchsetzbarer Anspruch aus § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB auf Freigabe der zu entrichtenden Betreuervergütung aus dem Nachlass gegeben sei. Die Erblasserin habe ihrer Tochter Leistungen und Hilfen verschaffen wollen; die Betreuervergütung sei eine Gegenleistung für die Hilfe und Unterstützung durch den Betreuer und könne nicht nur aus dem Blickwinkel als Vergütung gesehen werden. Da die Betreuung bereits bei Errichtung des Testaments bestand, hätte es der Erblasserin freigestanden, die Begleichung dieser Kosten aus dem Nachlass ausdrücklich auszuschließen, so das LG Krefeld.

Dies lässt sich vermeiden, indem in die Ve...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge