Einen großen Teil seiner Argumentation verwendet der BGH auf den Vorwurf des Beschwerdeführers, die Anwendung der EUErbVO führe zu einer unzulässigen Rückwirkung. Zunächst stellt der BGH hier klar, dass es sich um keine echte Rückwirkung, sondern um eine sog. unechte Rückwirkung bzw. Vorwirkung der EUErbVO handele. Sodann hätte er auch darauf hinweisen können, dass der Vertrauensschutz der Erblasserin hier nicht tangiert ist. Diese hat nämlich mit ihrem italienischen Lebensgefährten im Erbvertrag die Geltung deutschen Erbrechts vereinbart. Es würde nun ihrerseits einen Rechtsmissbrauch darstellen, wenn sie bzw. die von ihr testamentarisch eingesetzte Erbin vorträgt, der Vertrauensschutz verlange, dass die mit ihrem Lebensgefährten getroffene Vereinbarung als nichtig behandelt werde und ihr die Bindungswirkung versagt werde.

So wertvoll diese Hinweise des BGH auch als Klarstellung für künftige Fälle sind, so wenig waren sie in der vorliegenden Konstellation zur Begründung der Entscheidung erforderlich:

Ausgangspunkt der Beschwerdeführerin war offenbar die Vorstellung, der Erbvertrag sei nach der bis zur Anwendbarkeit der EUErbVO in Deutschland geltenden Rechtslage unwirksam bzw. zumindest nicht bindend gewesen, so dass nach der damals geltenden Rechtslage das Testament von 2016 wirksam gewesen sei. Gem. Art. 458 des italienischen Codice Civile sind Verträge über eine künftige Erbfolge unwirksam. Dies bezieht sich nicht nur auf verfügende vertragliche Verfügungen, also erbvertragliche Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Teilungsanordnungen, sondern auch auf verzichtende Erbverträge. Ob allerdings hier italienisches Recht anwendbar gewesen wäre, ist zu prüfen:

Die Wirksamkeit des Erbvertrags bestimmte sich auch gem. Art. 26 Abs. 5 EGBGB in der 1998 geltenden Fassung nach dem Recht, das im Zeitpunkt der Verfügung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden wäre. Das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht bestimmte sich aus deutscher Sicht wiederum nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes, Art. 25 Abs. 1 EGBGB aF. Insoweit ergab sich für die Wirksamkeit des Erbvertrags auf Seiten der Erblasserin die Geltung deutschen Rechts und auf Seiten ihres Lebensgefährten die Verweisung auf das italienische Recht. Da es sich bei dieser Verweisung auf das italienische Heimatrecht um eine sog. Gesamtverweisung gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB handelte, war eine Rück- bzw. Weiterverweisung durch das italienische IPR zu beachten.

Art. 46 des italienischen Gesetzes über die Reform des Internationalen Privatrechts vom 31.5.1995, welches am 1.9.1995 in Kraft getreten ist, bestimmte das auf die Erbfolge anwendbare Recht wie folgt:

Art. 46.

(Successione per causa di morte)

1. La successione per causa di morte è regolata dalla legge nazionale del soggetto della cui eredità si tratta, al momento della morte.

2. Il soggetto della cui eredità si tratta può sottoporre, con dichiarazione espressa in forma testamentaria, l‘intera successione alla legge dello Stato in cui risiede. La scelta non ha effetto se al momento della morte il dichiarante non risiedeva più in tale Stato. Nell‘ipotesi di successione di un cittadino italiano, la scelta non pregiudica i diritti che la legge italiana attribuisce ai legittimari residenti in Italia al momento della morte della persona della cui successione si tratta.

3. La divisione ereditaria è regolata dalla legge applicabile alla successione, salvo che i condividenti, d‘accordo fra loro, abbiano designato la legge del luogo d‘apertura della successione o del luogo ove si trovano uno o più beni ereditan.

Art. 46.

(Rechtsnachfolge von Todes wegen)

1. Die Erbfolge unterliegt dem Heimatrecht des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes.

2. Der Erblasser kann durch ausdrückliche Erklärung in testamentarischer Form die gesamte Erbfolge dem Recht des Staates unterstellen, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Rechtswahl ist unwirksam, wenn der Erklärende sich im Todeszeitpunkt nicht mehr in diesem Staat aufhielt. Im Falle der Erbfolge nach einem italienischen Staatsangehörigen lässt die Rechtswahl die Rechte unberührt, die das italienische Recht den Pflichtteilsberechtigten des Erblassers gewährt, die im Zeitpunkt seines Todes in Italien wohnen.

3. Die Teilung des Nachlasses unterliegt dem Recht, das auf die Erbfolge anwendbar ist, es sei denn, die an der Erbauseinandersetzung Beteiligten haben einvernehmlich das Recht des Staates für anwendbar erklärt, in dem die Erbfolge eröffnet wurde oder in dem sich einer oder mehrere Gegenstände des Nachlasses befinden.

Da sich auch aus italienischer Sicht gem. Art. 46 Abs. 1 ital. IPRG das auf die Erbfolge anwendbare Recht nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes bestimmte, nimmt das italienische Recht die Verweisung an. Es findet also keine Rück- bzw. Weiterverweisung statt.

Allerdings hatte der italienische Lebensgefährte die Anwendbarkeit deutschen Erbrechts angeordnet. Aus deutscher Sicht konnte ...

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