Bei verschiedenen Nachlassgerichten scheint es Usus zu sein,[1] ohne Rücksicht darauf, ob der Testamentsvollstrecker das Amt angetreten hat, letztwillige Verfügungen zu eröffnen, diese sodann umgehend den Erben bekanntzugeben und damit gemäß § 1944 II 2 BGB die 6-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Diese Praxis kann Nachlass, Erben und nicht zuletzt den Testamentsvollstrecker vor kaum lösbare Probleme stellen, wenn in dieser (verbliebenen) (Ausschlagungs-)Zeit wirtschaftliche oder rechtliche Schäden, Risiken oder einfach nur Sachverhalte auftauchen, die in dieser Zeit nicht seriös ermittelt und beurteilt werden können. In einigen Fortbildungen hat der Verfasser daher Folgendes vorgeschlagen: Der Testamentsvollstrecker solle versuchen, das Gericht dazu zu bewegen, so lange mit der Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen zuzuwarten, bis er nach Amtsantritt den Nachlass so weit dem Erben präsentieren kann, dass dieser über Annahme oder Ausschlagung sinnvoll entscheiden kann – und erst dann (oder schon etwas früher, aber zeitlich abgesprochen) das Gericht die Verfügung von Todes wegen dem Erben bekannt gibt. Der Verfasser erntete hierfür Kritik, die er zur genaueren Prüfung des Vorschlags zum Anlass nahm, und stellt nun auf diesem Wege seine Gedanken näher und einem größeren Kreis vor – nicht zuletzt, weil der Verfasser in der gängigen Gerichtspraxis das Risiko der Amtshaftung sieht.

[1] Für den Beitrag wurden keine statistischen Erhebungen oder umfangreichen Befragungen durchgeführt, er beruht auf Erfahrungen des Verfassers sowie auf Berichten und Reaktionen von Kolleginnen und Kollegen aufgrund ihrer Erfahrungen. Da das Thema aber soweit ersichtlich im praxisnahen Schrifttum nicht auftaucht, meint der Verfasser, dass das quantitativ-statistische Defizit vertretbar ist.

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