Fall 11: BGH NJW 2015, 2729: Anfechtung der Anfechtungserklärung Erblasserin E verstarb im Juni 1996 und hinterließ zwei Kinder, T und S. T hatte mit notariell beglaubigter Erklärung vom 13.11.1996 gegenüber dem NG erklärt, die Erbschaft nicht annehmen zu wollen. Der Nachlass sei überschuldet, die Ausschlagungsfrist habe sie nicht gekannt. Mit Schreiben vom 7.8.2013 hat T erfahren, dass zum Nachlass noch ein Erbteil am Nachlass einer vorverstorbenen Tante gehörte und somit keine Überschuldung vorlag. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 26.8.2013 focht daher T ihre Anfechtungserklärung an.

Die Anfechtung im Jahr 1996 war nach § 1956 BGB gültig: T hatte dargelegt, dass ihr die Ausschlagungsfrist unbekannt war. Als Willenserklärung ist auch diese Erklärung ihrerseits anfechtbar. Anfechtungsgrund ist die tatsächlich nicht gegebene Überschuldung des Nachlasses. Fraglich ist aber, welche Fristen hierfür gelten. Teilweise wird § 1954 BGB angewandt. Weil es sich aber nicht um die Anfechtung der Annahme, Ausschlagung oder Versäumung der Ausschlagungsfrist handelt, gelten die allgemeinen Vorschriften. Danach war die Anfechtung nach über 10 Jahren kenntnisunabhängig ausgeschlossen, § 121 Abs. 2 BGB.

Fall 12: § 122 BGB: Vertrauensschaden B hat den Vater E im Wege gesetzlicher Erbfolge beerbt. Zum Nachlass gehört ein baufälliges, unter Denkmalschutz stehendes Gebäude. B schlägt die Erbschaft aus. Der nun als Erbe berufene A beabsichtigt, das zentral gelegene Gebäude zu einem Restaurant auszubauen. Hierzu gibt er Planungsleistungen in Höhe von EUR 50.000,- in Auftrag und schafft eine Einrichtung im Wert von EUR 100.000,- an. Als später ein Aktiendepot im Ausland bekannt wird, was zur Werthaltigkeit des Nachlasses führt, ficht B seine Ausschlagung an. A begehrt von B Erstattung seiner Auslagen. B wendet ein, die Planung sei wertlos, da aufgrund der bestehenden Beschränkungen die Genehmigung für den Restaurantbetrieb nicht erteilt würde. Auch wolle er die Pläne von A nicht selber umsetzen.

Aufgrund der Anfechtung der Ausschlagung gilt die Erbschaft als von B angenommen, § 1957 BGB. Die Aufwendungen von A erweisen sich als vergebens. A kann aber aufgrund der nach § 119 Abs. 2 BGB erklärten Anfechtung Ersatz des Vertrauensschadens verlangen.[27] Dies setzt nicht voraus, dass der vorherige Irrtum von B verschuldet war (Veranlasserhaftung). Allerdings ist der Vertrauensschaden auf das Erfüllungsinteresse begrenzt. Auch wenn es bei der Erbenstellung von A geblieben wäre, hätten sich die Aufwendungen von A niemals amortisiert. Der Anspruch scheidet daher aus.

Ein Anspruch aus den §§ 1959 Abs. 1, 677, 683 S. 1, 670 BGB scheidet ebenfalls aus. Bei dieser partiellen Rechtsgrundverweisung auf das Recht der GoA muss zwar kein Fremdgeschäftsführungswillen festgestellt werden. Die Übernahme der Geschäftsführung entsprach aber nicht dem (mutmaßlichen) Willen von A und auch nicht dessen objektiven Interesse. Ein Anspruch aus den §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (cic) scheitert am fehlenden Verschulden von B, wenn dieser das Aktiendepot nicht fahrlässig übersehen hat. Schließlich kommt aufgrund des Umstands, dass der Restaurantbetrieb nicht erlaubt ist, auch kein Anspruch auf Ausgleich der wertlosen Aufwendungen aus § 812 BGB in Betracht.

Fall 13: § 1949 BGB: Irrtum über Berufungsgrund A hält sich für den gesetzlichen Alleinerben von E und nimmt die Erbschaft an. Später taucht ein Testament auf, in dem Alleinerbe A mit einigen Vermächtnissen beschwert wird und außerdem Testamentsvollstreckung angeordnet wird. A möchte nun das Erbe nicht mehr antreten.

Die Anfechtung der Annahme aufgrund des Irrtums über den Berufungsgrund ist nicht erforderlich. § 1949 BGB ordnet die Unwirksamkeit der Annahme an, wenn sich A über den Berufungsgrund im Irrtum befand. Die Annahme gilt als nicht erfolgt, A kann die Erbschaft noch ausschlagen. Umgekehrt gilt dies im Fall der Ausschlagung dann, wenn A aufgrund eines ihm nicht bekannten Berufungsgrundes berufen ist, § 1949 Abs. 2 BGB.

[27] Eine Anfechtung scheidet aus, wenn der Nachlass auch ohne das Depot gering werthaltig war. Bei geringfügigen Nachlässen fehlt es an der Kausalität des Irrtums, wenn der Nachlass einen höheren Wert aufweist, LG Bonn RPfleger 1985, 148. Anders mag dies beurteilt werden, wenn B den geringfügigen Nachlass für überschuldet halten durfte, Stein, RPfleger 1985, 149, Anm. aaO.

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