Eine Alternative zum (vorrangigen) Abzug als Nachlassverbindlichkeit gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbstG kann die Steuerbefreiung für erbrachte Pflegeleistungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG sein.

Die Steuerbefreiung, die sowohl für Schenkungen als auch für Erwerbe von Todes wegen zur Anwendung kommen kann, kommt allerdings nur in Betracht, wenn der Erwerber dem Erblasser unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt Pflege und Unterhalt gewährt hat.[15] Der Freibetrag kommt nicht bei Erwerbern in Betracht, die gesetzlich zur Pflege (z. B. Ehegatten nach § 1353 BGB, Lebenspartner nach § 2 LPartG) oder zum Unterhalt (z. B. Ehegatte nach § 1360 BGB oder Verwandte in gerader Linie nach § 1601 BGB, Lebenspartner nach § 5 LPartG) verpflichtet sind.[16] Danach kann der Freibetrag Kindern, die ihre Eltern gepflegt haben, nicht gewährt werden. Für sie besteht zwar keine gesetzliche Verpflichtung zur Pflege, aber eine gesetzliche Unterhaltspflicht. Es reicht aus, wenn eine dieser Tatbestandvoraussetzungen erfüllt ist, um die Gewährung des Freibetrags auszuschließen.[17]

Allerdings hat das FG Niedersachsen mit Urteil v. 20.4.2012, 3 K 229/11[18] entschieden, dass der Ansatz des Freibetrags nach § 13 (1) Nr. 9 ErbStG nur dann nicht in Betracht kommt, wenn der Steuerpflichtige im konkreten Fall kraft Gesetzes zur Erbringung von Unterhalts- bzw. Pflegeleistungen verpflichtet ist. Dies setzt die fehlende Leistungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten voraus, wie sich aus § 1602 BGB ergibt.

In einer weiteren Entscheidung zu § 13 (1) Nr. 9 ErbStG hat der BFH mit Urteil v. 11.9.2013 – II R 37/12[19] ein Urteil des FG Baden-Württemberg v. 6.7.2012 11, K 4190/11) bestätigt. Danach kommt es für § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG auf das Vorliegen einer Pflegebedürftigkeit iSd § 14 (1) SGB XI und die Zuordnung einer Pflegestufe gem. § 15 (1) SGB XI nicht an. Pflege iSd Vorschrift bedeute, einem infolge Krankheit, Behinderung, Alter oder aus sonstigen Gründen hilfsbedürftigen Menschen die erforderliche Fürsorge für sein körperliches oder seelisches Wohlbefinden mit einer gewissen Regelmäßigkeit und über eine längere Dauer zuzuwenden.

Hierzu zählen u. a. auch Unterstützungsleistungen bei der Hausarbeit, die Erledigung von Botengängen, Schriftverkehr und Einkäufe, die persönliche Begleitung bei Arztbesuchen oder bei Vorsprachen bei Behörden sowie der zwischenmenschliche Austausch in Gesprächen, soweit solche Leistungen nachhaltig sind.

[16] RE 13.5 (1).
[17] FinMin Baden-Württemberg v. 20.7.2012 – 3 –S 3812/35.
[18] EFG 2012, 1952.
[19] NJW 2012, 110; ZEV 2013, 660.

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