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Auf Einladung der DVEV trafen sich auch in diesem Jahr Erbrechtler aus dem gesamten Bundesgebiet am 26./27. September in Heidelberg zum 17. Deutschen Erbrecht-Symposium. Moderiert von Michael Rudolf[2] und Jan Bittler[3] boten folgende Vorträge die Grundlage für Diskussionen und zum intensiven Meinungsaustausch:

[2] Michael Rudolf, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Vorstand der DVEV, Angelbachtal.
[3] Jan Bittler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Geschäftsführer der DVEV, Angelbachtal.

I. Die Bindung von Todes wegen und ihre Grenzen

Der Eröffnungsvortrag von Walter Krug[4] behandelte das gemeinschaftliche Testament sowie den Erbvertrag und beleuchtete hier in systematischer Form die Selbstbindung des Erblassers an seine eigene von ihm selbst getroffene Verfügung von Todes wegen. Beim wechselbezüglichen gemeinschaftlichen Testament sind horizontale und vertikale Wechselbezüglichkeit zu untersuchen. Nach einer eingehenden Betrachtung der Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB zeigte Krug die Möglichkeiten der Beseitigung von wechselbezüglichen Verfügungen durch Widerruf und Anfechtung auf.

[4] Walter Krug, Vorsitzender Richter am Landgericht a.D., Stuttgart.

II. Überblick über das Erb- und Pflichtteilsrecht der Schweiz

In perfektem Schwiizerdütsch berichtete Prof. Dr. Peter Breitschmid[5] über das schweizerische Erb- und Pflichtteilsrecht. Unterschieden wird auch hier die gesetzliche und gewillkürte Erbfolge. In der Verwandtenerbfolge gilt das Parentelsystem. Der überlebende Ehegatte und der überlebende eingetragene Partner sind außerhalb des Parentelsystems gesetzliche Erben nach festen Quoten. Eine güter-/erbrechtliche "Pauschallösung" kenne das schweizerische Recht nicht. Im Rahmen des Pflichtteilsrechts sei zu beachten, dass der gänzlich ausgeschlossene Pflichtteilserbe als "virtueller Erbe" angesehen werde, der seine Erbenstellung durch Erhebung einer Herabsetzungsklage erstreiten müsse. Seinen Vortrag beendete Prof. Dr. Breitschmid mit Überlegungen zum Pflichtteilsrecht de lege ferenda.

[5] Prof. Dr. Peter Breitschmid, Lehrstuhl für Privatrecht an der Universität Zürich.

III. Praxisprobleme der Stufenklage im Pflichtteilsrecht

Die Stufenklage im Pflichtteilsrecht gehört zum Standardrepertoire des erbrechtlichen Praktikers. Dr. Claus-Henrik Horn[6] zeigte praxisnah den Ablauf der Stufenklage von der Klageschrift bis zur Zwangsvollstreckung in den einzelnen Stufen. Dabei wurden die Probleme hervorgehoben, denen sich der Prozessbevollmächtigte innerhalb der einzelnen Stufe sowie beim Übergang in die nächste Stufe ausgesetzt sieht. Die auch in der Arbeitsunterlage abgedruckten Klageanträge werden vermutlich in Zukunft häufig in eingereichten Klageschriften zu finden sein.

[6] Dr. Claus-Henrik Horn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Düsseldorf.

IV. Der verstorbene Schuldner

Die Frage, wie und gegen wen Ansprüche durchzusetzen sind wenn der Schuldner verstirbt und die Erben ganz oder teilweise unbekannt sind, beantwortete Thomas Lauk[7]. Hierbei komme es zunächst darauf an, in welcher "Phase" sich die Forderung befindet, nämlich ob die Forderung gegen den Erblasser noch nicht tituliert oder bereits tituliert und vollstreckungsreif ist oder ob die Zwangsvollstreckung gegen den Erblasser sogar bereits begonnen hat. Nur im letzten Fall könne die Zwangsvollstreckung gemäß § 779 Abs. 1 ZPO auch ohne Klauselumschreibung und Neuzustellung an den Rechtsnachfolger fortgesetzt werden. Anderenfalls könne der Gläubiger bei unbekannten Erben die Bestellung eines Nachlasspflegers gemäß § 1961 BGB beantragen. Bei bekannten Erben, für die kein Rechtsnachfolgezeugnis existiert, eröffne § 792 ZPO dem Titelgläubiger die Möglichkeit, für den Erben einen Erbschein zu beantragen.

[7] Thomas Lauk, Dipl.-Rechtspfleger (FH), Berufsnachlasspfleger, Pleidelsheim.

V. Das streitige Erbscheinsverfahren aus anwaltlicher Sicht

Nach einem Überblick über das Erbscheinsverfahren als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erörterte Frau Dr. Stephanie Herzog[8] typische und praxisrelevante Einzelfragen zum streitigen Erbscheinsverfahren anhand aktueller Rechtsprechung. Kontrovers diskutiert wurde die Problematik der Testierunfähigkeit. Dass bei einem ordnungsgemäß errichteten öffentlichen Testament eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Testierfähigkeit spricht, sei nicht richtig; nur Sachverständige könnten Aussagen dazu machen, welche Umstände auf eine Testierunfähigkeit schließen lassen. Ausführlich behandelt wurden die Darlegungslast und Amtsermittlungspflicht bei Testier(un)fähigkeit und anschließend bei der Testamentsfälschung.

[8] Dr. Stephanie Herzog, Rechtsanwältin, Würselen.

VI. Das notarielle Nachlassverzeichnis, Rechtsprechung und Praxis

Dr. Dietmar Weidlich[9] referierte zum notariellen Nachlassverzeichnis, dessen Erstellung von den Pflichtteilsberechtigten immer häufiger verlangt werde. Seine Betrachtung fiel jedoch ernüchternd aus: Das notarielle Nachlassverzeichnis sei nicht zwangsläufig richtiger und vollständiger als ein vom Erben vorgelegtes privates Nachlassverzeichnis. Eigene Ermittlungen des Notars würden häufig keine weiter reichenden Erkenntnisse liefern. Zwar könne der Auskunftsberechtigte erwarten, dass der Notar durch seine Tätigkeit und rechtliche Beratung Lücken eines vorgelegten privaten Verzeichnisses schließt bzw....

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