Ralf Michaels/Dennis Solomon (Hrsg.)

sellier european law publishers, München 2012,

ISBN 978-3-86653-219-9, 323 Seiten, gebunden, 99 EUR

Prof. Dr. Klaus Schurig, der Widmungsträger dieser Festschrift, lehrte an der Universität Passau das Internationale Privatrecht. Als Schüler von Gerhard Kegel in Köln befasster er sich während seiner gesamten wissenschaftlichen Laufbahn intensiv mit den Allgemeinen Lehren des Internationalen Privatrechts. Seine Habilitation, in der er die "Bündelungstheorie" entwickelte, und seine Beiträge zur Vorfragenanknüpfung, zu den "selbstgerechten Sachnormen" und zur Rechtsumgehung sind maßgeblich. Die von ihm überarbeitete 9. Auflage des Kegelschen Lehrbuchs aus dem Jahre 2004 ist trotz der zwischenzeitlich eingetretenen Umwälzungen auf diesem Rechtsgebiet wegen der "zeitlosen" Ausführungen zum Allgemeinen Teil weiterhin Standardwerk.

Die von seinen Schülern und Freunden verfasste Festschrift enthält daher überwiegend Beiträge zu aktuellen Fragen des IPR. Zahlreiche der Beiträge sind auch für den Erbrechtler von Bedeutung: Dagmar Coester Waltjen und Michael Coester z. B. befassen sich mit den Rechtswahlmöglichkeiten im Europäischen Kollisionsrecht, die für den Erbrechtler bislang allein für die güterrechtlichen Folgen der Ehe relevant waren, mit der Verabschiedung der Erbrechtsverordnung aber auch ein wichtiger Bestandteil der Nachlassgestaltung geworden sind.

Dieter Henrich erläutert einige Probleme bei der Vorfragenanknüpfung im Familien- und Erbrecht, insbesondere die Leihmutterschaft. Er ist der Ansicht, dass sich aus der fehlenden Zuordnung eines im Ausland von einer Leihmutter geborenen Kindes zu den in Deutschland lebenden Wunscheltern eine "Lücke" im deutschen IPR ergebe, die allerdings nicht durch Auslegung, sondern nur durch eine Gesetzesänderung geschlossen werden könne. Die von ihm propagierte Zuordnung zu den Wunscheltern würde freilich eine Harmonisierung mit dem Embryonenschutzgesetz erforderlich machen.

Gerald Mäsch analysiert die Ermittlung des Vollmachtsstatuts in Europa, das aktuell – sieht man von der Bestimmung des auf Vorsorgevollmachten anwendbaren Rechts im Haager Erwachsenenschutzabkommen einmal ab – weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene gesetzlich geregelt ist. Er verlangt neue Lösungsansätze und plädiert für eine akzessorische Anknüpfung an das zwischen Prinzipal und Vertreter bestehende Innenverhältnis.

Peter Mankowski stellt die Vorteile des von Schurig entwickelten kollisionsrechtlichen Bündelungsmodell vor und findet Gründe für dessen mangelnde Akzeptanz darin, dass die Literatur und Lehre derzeit mehr auf praktische Detailfragen des IPR fokussiert sind.

Heinz-Peter Mansel diskutiert die Frage an, ob ein vererbter Miterbenanteil an einer Erbengemeinschaft deutschen Rechts im englischen Kollisionsrecht als bewegliches oder unbewegliches Vermögen zu behandeln sei – und behandelt damit zeitgleich mit dem KG (ZErb 2012, 166) diesen "Klassiker" des internationalen Erbrechts.

Dennis Solomon setzt sich mit den Gründen für die Beachtung eines Renvoi im internationalen Privatrecht auseinander und begrüßt dabei insbesondere die nachträgliche Einführung einer entsprechenden Klausel in den Entwurf der Europäischen Erbrechtsverordnung. Die Klausel wird aber einer kritischen Betrachtung unterzogen.

Wegen der zunehmenden Anzahl von Staaten, die ein gesetzliches Erbrecht für die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vorsehen, wird diese zunehmend auch als Vorfrage im Erbrecht relevant. Andreas Spickhoff stellt die sachrechtlichen Regelungsmodelle im Ausland dar und schlägt eine an den Rechtsfolgen orientierte kollisionsrechtliche Behandlung vor.

Neben dem IPR (Hau, Jayme, Junker, Klinke, Krüger, Kühne, Michaelis, Pfeiffer) betreffen weitere Beiträge das Schuldrecht (Kapellmann, Musielak, Spellenberg, Wilhelm), das Gesellschaftsrecht (Altmeppen) und das Strafrecht (Beulke).

Nach alledem gib die Festschrift ein lebendiges Abbild der aktuellen Diskussionen im IPR. Immer wieder scheinen durchaus auch einmal gegensätzliche Sichtweisen durch (vgl. z. B. die Beiträge von Henrich und Jayme mit denen von Mankowski, Michaelis und Solomon). Das Buch ist daher jedem zu empfehlen, der bei den bevorstehenden Rechtsänderungen im internationalen Privatrecht den Überblick behalten will.

Autor: Dr. Rembert Süß

Dr. Rembert Süß, Rechtsanwalt, Würzburg

ZErb, S. 310 - 311

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge