Eine deutliche Parallele liefert der IX. (Insolvenz-)Senat: Er hatte bereits 2009 entschieden, dass Schuldnern in der Wohlverhaltensphase des Restschuldbefreiungsverfahrens keine Obliegenheit trifft, einen in diesem Verfahrensabschnitt entstandenen Pflichtteilsanspruch – zugunsten der Massegläubiger – geltend zu machen. Zwar falle der Pflichtteilsanspruch in die Masse, die Dispositionsbefugnis über dessen Geltendmachung verbleibe aber wegen der höchstpersönlichen Natur dieser Rechte allein beim Schuldner und dürfe auch nicht durch einen mittelbaren Zwang zur Geltendmachung unterlaufen werden.[31] Im Insolvenzverfahren ist der Schuldner gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 InsO ohnehin nicht gezwungen, werthaltige Erbschaften oder Vermächtnisse anzunehmen.[32]

Im März 2011 hat dieser Senat seine Rechtsprechung dahingehend erweitert, dass auch die Ausschlagung einer Erbschaft oder der Verzicht auf ein Vermächtnis keine Verletzung der Obliegenheit nach § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO darstellt, letztwillig erworbenes Vermögen zur Hälfte herauszugeben.[33] Dem – einem Sittenwidrigkeitsvorwurf vergleichbaren – Vorwurf einer Gesetzesumgehung begegnet der Senat so:

Zitat

"Die dadurch für den Schuldner bestehende Möglichkeit, den Halbteilungsgrundsatz zu umgehen, indem er das Vermächtnis erst nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode annimmt, muss in Kauf genommen werden. Macht der Schuldner den Pflichtteil erst nach diesem Zeitpunkt geltend, tritt diese Folge ebenfalls ein."[34]

[32] Vgl. dazu auch Wendt, ErbR 2010, 142, 147.
[33] Beschluss vom 10. März 2011 – IX ZB 168/09 – Rn 6; zur Veröffentlichung vorgesehen.

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