Die zentrale Frage dürfte in diesem Zusammenhang sein, ob es sich bei der Räumungsverpflichtung um eine Erblasserschuld oder aber um eine Nachlasserbenschuld[58]/Eigenschuld des Erben handelt.[59] Ansatzpunkt für die Beantwortung der Frage dürfte wiederum das Tatbestandsmerkmal "herrühren" sein (§ 1967 Abs. 2 BGB).

aa) Nach der wohl hM ist davon auszugehen, dass auch Verbindlichkeiten vom Erblasser "herrühren", die erst mit dem Todesfall oder aber danach fällig werden[60], so beispielsweise und vor allen auch solche Verpflichtungen, die aufschiebend bedingt durch den Erblasser begründet wurden;[61] entscheidend ist, ob der wesentliche Entstehungsgrund noch in der Sphäre des Erblassers begründet wurde.[62]

Überträgt man diesen Gesichtspunkt auf die hier vorliegende Konstellation, könnte vieles dafür sprechen, dass tatsächlich eine reine Erblasserschuld vorliegt, obzwar die Verbindlichkeit erst mit dem Todesfall eintritt. Der Erblasser hat durch die Vereinbarung und Einräumung des Wohnrechts bereits aufschiebend bedingt die Räumungsverpflichtung (für den Erben) mitvereinbart, ohne dass der Erbe irgendetwas selbst veranlassen musste. Der Erbe ist in eine bereits bestehende pflichtbelastete Verpflichtung eingetreten.[63]

Gerade dieses Beispiel zeigt, dass der Erbe keinerlei eigene Veranlassung gegenüber dem Gläubiger gegeben hat (Verschulden), die eine Eigenhaftung begründen könnte. Ein geradezu gegenteiliges Beispiel zur Abgrenzung hierzu wird dadurch verdeutlicht, dass der Erbe einen rechtshängigen Prozess des Erblassers fortführt und dadurch eine Eigenverbindlichkeit begründet; hier hat der Erbe auch "Veranlassung" für eine Eigenhaftung gegeben.[64] Mitunter ist also die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass möglich.

bb) Nunmehr könnte man allenfalls daran denken, diesen Sachverhalt unter die Fallgruppe "Nichterfüllung einer Verpflichtung des Erblassers" zu subsumieren und ähnlich wie in den Fällen der Verpflichtung zum Schadensersatz wegen Verletzung einer Verpflichtung aus der Nachlassverwaltung eine Eigenverbindlichkeit des Erben zu begründen.

Zunächst einmal müsste man sich allerdings die Frage stellen, worin denn tatsächlich die Pflichtverletzung des Erben begründet sein kann, die die Eigenhaftung begründen kann.

Der Erbe, der dem Räumungsbegehren nicht entspricht, verletzt nicht eine persönliche Pflicht. Die einzige Pflichtverletzung, die dem Erben vorzuwerfen wäre, wäre die Tatsache, dass er die Erbschaft nicht ausgeschlagen hat und deshalb diese Verpflichtung (Räumung) auf sich genommen hat und diese sich (durch Nichtausschlagung) in eine persönliche Verpflichtung umgewandelt hat.

Hierin ist aber nicht ohne Weiteres die Begründung einer Eigenverbindlichkeit zu erkennen, da andernfalls die Regelungen zur Haftungsbegrenzung überflüssig wären; alle Verpflichtungen, die bestehen, würden sich wegen der "Obliegenheitsverletzung/Pflichtverletzung Nichtausschlagung der Erbschaft" in eine Eigenverbindlichkeit wandeln. Eine Haftungsbegrenzung, die das Gesetz ausdrücklich vorsieht, wäre nicht mehr möglich.

Dieses Argument kann aus gesetzessystematischen Gründen also nicht als Argument herangezogen werden, sondern im Gegenteil spricht die Existenz der Möglichkeit zur Haftungsbegrenzung dafür, dass die bloße Nichtausschlagung nicht haftungsbegründend wirken kann.

Anders wird man dann entscheiden können, wenn der Erbe die Wohnung auch weiterhin nutzt. Dann dürften die selben Grundsätze wie für das Mietverhältnis gelten.

Im Übrigen jedoch dürfte es sich um eine Erblasserverbindlichkeit handeln.[65]

cc) Abschließend stellt sich noch die Frage nach einem etwaigen Nutzungsersatz auf Basis der §§ 987 ff BGB. Hier könnte man in Betracht ziehen, dass es sich um eine Eigenverbindlichkeit des Erben handeln könnte, weil dieser eine Verpflichtung des Erblassers nicht erfüllt.

Wenn aber der Erbe seine Haftung wegen der Primärverpflichtung auf den Nachlass beschränken kann, muss sich dies auch bei der Sekundärpflicht fortspinnen, zumindest dann, wenn er die Sache nicht auch selbst nutzt. Andernfalls wäre eine wirksame und effektive Haftungsbeschränkung nicht möglich; die Eigenhaftung könnte nur dadurch vermieden werden, dass der Erbe – aufgrund der Überschuldung des Nachlasses – die Räumung aus dem eigenen Vermögen finanziert.[66] Dann aber wäre – wie bereits ausgeführt – die Möglichkeit einer effektiven Verwirklichung der Realisierung der Haftungsbeschränkung nicht gegeben, die Regelungen hierzu sind mitunter obsolet.

Speziell in dieser Fallkonstellation müsste außerdem darüber nachgedacht werden, ob denn die Ansprüche aus den §§ 987 ff BGB überhaupt Sekundäransprüche darstellen, da diese Ansprüche ohnehin neben der Räumungsverpflichtung bestehen und sich nicht als Schadensersatz statt der Leistung darstellen.

Im Übrigen wird man sich eben auch gerade aufgrund der vorerwähnten Umstände die Frage stellen können und müssen, worin denn ggf. ein – haftungsbegründendes – Verschulden des Erben erblickt werden kann. Die Nichtausschlagung sche...

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