Ausweislich des Wortlauts von § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB erfasst der Ausgleichungstatbestand allein Pflegetätigkeiten von Abkömmlingen, die als gesetzliche Erben des Pflegebedürftigen konkret zur Erbfolge gelangt sind. Ausnahmen gelten wegen des Verweises von § 2057a Abs. 1 S. 1 BGB auf § 2052 BGB bei gewillkürten Erben grundsätzlich nur dort, wo der Erblasser die Abkömmlinge auf dasjenige Erbe eingesetzt hat, was sie als gesetzliche Erben erhalten würden oder sie im Verhältnis ihrer gesetzlichen Erbquoten zueinander zu Erben bestimmt wurden. Zwar fügt sich dieser eingeschränkte Kreis an Ausgleichungsberechtigten konsequent in den der übrigen Ausgleichungstatbestände (§§ 2050 ff. BGB) ein, den realen Verhältnissen wird der § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB damit allerdings nicht gerecht. Auch wenn die eigenen Kinder mit 37 Prozent den größten Anteil unter den häuslichen Hauptpflegepersonen stellen, spielen nämlich auch die Ehepartner (32 Prozent) sowie die Schwiegerkinder (6 Prozent) des Pflegebedürftigen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung des Pflegebedarfs.[3] Konsequenterweise liegt daher ein besonderes Augenmerk der vielen Reformvorschläge zu § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB gerade auf der Ausweitung des begünstigten Adressatenkreises.[4] Auch der Gesetzgeber hatte sich der Problematik bereits im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts gewidmet und in § 2057b BGB-E jeden gesetzlichen Erben für ausgleichungsberechtigt erklärt, der den Erblasser zu dessen Lebzeiten gepflegt hat.[5] Aufgrund von – nicht näher konkretisierten – Bedenken des Rechtsausschusses[6] distanzierte man sich schlussendlich jedoch wieder von den eigenen Reformplänen. Denkbar wäre im Sinne einer größtmöglichen Förderung informeller Pflegearrangements durch das Erbrecht auch eine Erweiterung des potenziellen Begünstigtenkreises auf weiter entfernte Verwandte, wie beispielsweise Schwiegerkinder oder auf Pflegepersonen ohne familiäre Beziehungen zum Erblasser (z.B. Nachbarn).

Mit der Ausweitung des von § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB begünstigten Personenkreises wäre der deutsche Gesetzgeber dabei im internationalen Vergleich nicht einmal allein. So sieht etwa auch das österreichische Erbrecht seit dem 1.1.2017 gem. § 677 AGBGB eine erbrechtliche Begünstigung für eine "dem Verstorbenen nahe stehende Person" vor.

[3] TNS Infratest, Studie zu PNG und PSG I, 56.
[4] Vgl. etwa BeckOGK/Rißmann, § 2057a BGB Rn 15; Ludyga, ZErb 2009, 289, 292 f.; Röthel, 68. DJT 2010, A 61; Meyer, FPR 2008, 537, 541; Otte, ZEV 2008, 260, 261; van de Loo, FPR 2008, 551, 553; Deutscher Notarverein, notar 2007, 148, 152; a.A. Langenfeld, NJW 2009, 3121, 3125.
[5] BT-Drucks 16/8954, 6.
[6] Vgl. BT-Drucks 16/13543, 12.

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