Leitsatz

Auch wenn der Zuwendungsempfänger nach höchstrichterlicher Rechtsprechung alle für die fehlende Unentgeltlichkeit einer Zuwendung des Erblassers maßgeblichen Tatsachen im Wege des substanziierten Bestreitens der Unentgeltlichkeit vortragen muss, obliegt die Beweislast für die Unentgeltlichkeit dem Pflichtteilsberechtigten selbst.

OLG München, Urteil vom 31. Juli 2019 – 7 U 3222/18

Sachverhalt

Die Parteien streiten um einen Pflichtteilsergänzungsanspruch der Klaägerin aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht der Schwester der Klaägerin. Die Beklagte und der am 12.2.2013 verstorbene Erblasser Horst R. schlossen im Jahr 1990 die für den Erblasser zweite Ehe. Der Erblasser Horst R. war der Vater der Klägerin und deren Schwester, die beide einer früheren Ehe des Erblassers entstammen. Der Erblasser betrieb die Gaststätte S. H.in M.-P. Die Beklagte war bei ihm angestellt. Im Jahr 1990 erwarb die Beklagte eine Eigentumswohnung in der D.-Straße 25 in I. und im Jahr 1992 eine weitere Eigentumswohnung in der S.-R.-Straße 49 in I. Die Beklagte und der Erblasser setzten sich mit notariellem Testament vom 6.11.2000 laut Anl. K 1 gegenseitig als Alleinerben ein. Die Schwester der Klägerin, Frau Jutta H., trat ihren Pflichtteilsergänzungsanspruch an die Klägerin ab (Anl. K 12). Die Klägerin erhob zunächst Stufenklage mit folgendem Antrag in der Auskunftsstufe:

(...)

Mit Teilurteil vom 12.6.2015, Az. 10 O 27937/13, das dem Beklagtenvertreter am 7.7.2015 zugestellt wurde, verurteilte das Landgericht München I die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft. Die Klägerin behauptete, dass der Erblasser die Anschaffungskosten für die beiden Wohnungen in I. getragen habe, da der Beklagten eine Finanzierung der beiden Wohnungen aus eigenen Mitteln nicht möglich gewesen wäre. Sie habe nämlich kein nennenswertes eigenes Vermögen in die Ehe mit dem Erblasser eingebracht.

(...)

Die Beklagte erwiderte, dass die Pflichtteilsergänzungsansprüche der Klägerin sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht verjährt seien. Es lägen keine Schenkungen vor, da die Beklagte die Kaufpreise für beide Wohnungen vollständig mit eigenen Mitteln bezahlt habe. Die dafür von ihr alleine aufgenommenen Darlehen habe sie mit eigenen Mitteln getilgt. Sie sei stets berufstätig gewesen. So habe sie sieben Jahre lang die Vereinsgaststätte des TSG P. als alleinige Pächterin geführt, bevor sie seit Anfang der 1980er Jahre in der Gaststätte des Erblassers beschäftigt gewesen sei.

Mit Endurteil vom 9.8.2018, Az. 10 O 27937/13, wies das Landgericht München I die Klage ab. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch der Schwester der Klägerin, den die Klägerin aus abgetretenem Recht geltend macht, sei verjährt. Hinsichtlich des eigenen Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Klägerin fehle es sowohl an einem schlüssigen Vortrag als auch an einem hinreichenden Beweisantritt für die Behauptung, der Kaufpreis für die beiden Wohnungen in Ingolstadt sei wirtschaftlich vom Kläger aufgebracht worden. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angegriffenen landgerichtlichen Urteils vom 9.8.2018 wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin unter Vertiefung und Wiederholung ihres bisherigen Vortrages ihr erstinstanzliches Klageziel vollumfänglich weiter.

(...)

Der Senat hat am 22.5.2019 mündlich verhandelt. Er hat Hinweise erteilt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 22.5.2019 haben die Parteien ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.

Aus den Gründen

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Denn das Landgericht hat die zulässige Klage der Klägerin zu Recht abgewiesen, da sie sowohl hinsichtlich des eigenen Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Klägerin als auch hinsichtlich des von der Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsanspruchs ihrer Schwester Jutta H. unbegründet ist.

I. Zwar ist der eigene Pflichtteilsergänzungsanspruch der Klägerin nicht verjährt, jedoch hat die Klägerin die Voraussetzungen der von § 2325 Abs. 1 BGB als Anspruchsvoraussetzung geforderten Schenkung des Erblassers an die Beklagte nicht nachgewiesen.

1. Der aus eigenem Recht geltend gemachte Pflichtteilsergänzungsanspruch der Klägerin ist nicht verjährt, da die durch die Erhebung der Stufenklage nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB eingetretene Hemmung der Verjährung zum Zeitpunkt der Zustellung des bezifferten Zahlungsantrags noch nicht geendet hatte. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 Abs. 1 BGB verjährt gemäß § 195 BGB in drei Jahren (vgl. Weidlich in Palandt, 78. Auflage, München 2019, Rn 11 zu § 2317 BGB). Die Verjährungsfrist kann aufgrund des Todes des Erblassers am 12.2.2013 gemäß § 199 Abs. 1 BGB frühestens mit Ablauf des 31.12.2013 begonnen haben. Die Zustellung der Stufenklage vom 18.12.2013 (Bl. 1/9 dA) an den Beklagtenvertreter erfolgte am 3.2.2014 (Bl. zu 1...

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