Bleibt die Frage, was der Beschluss des Kammergerichts, wonach das Nachlassgericht nicht befugt sei, eine eigene Anordnung über die Verwaltung zu treffen, aber (teil-)aufheben könne, für unsere These von der Möglichkeit des Korrekturweges bedeutet. Die herrschende Meinung beruft sich durchweg auf diese Entscheidung.

Wir müssen daher genauer hinsehen und beginnen mit dem mitgeteilten Sachverhalt:

"Die Erblasserin hat ihren Sohn als Vorerben und ihre beiden Enkel als Nacherben eingesetzt. Sie hat eine Testamentsvollstreckung angeordnet und bestimmt, dass das zum Nachlass gehörende Grundstück nicht verkauft werden soll, bevor beide Enkel das 25. Lebensjahr erreicht haben. Der Nacherbfall ist eingetreten. Der Testamentsvollstrecker hat beantragt, die angeführte Beschränkung außer Kraft zu setzen. Das Nachlassgericht hat dem Antrag stattgegeben mit der Maßgabe, dass der Grundstückserlös bis zu dem im Testament angegebenen Zeitpunkt in mündelsicheren Wertpapieren anzulegen ist. Eine gegen diese Beschränkung gerichtete Beschwerde des Testamentsvollstreckers hat das Landgericht zurückgewiesen. Auf die weitere Beschwerde ist die Anordnung der Erblasserin mit der Maßgabe außer Kraft gesetzt worden, dass die Wertsubstanz des Grundstückserlöses von dem Testamentsvollstrecker zu verwalten ist und nicht vor dem 25. Lebensjahr des jüngsten Enkels ausgeschüttet werden darf."

Das Kammergericht machte aus der Sache also de facto zwei Fälle: der Entscheidung des Nachlassgerichts – Antragsstattgabe mit eigener Vorgabe zur Anlage des Erlöses, wir wollen ihn nachfolgend Fall 1 nennen – und der eigenen Folgeentscheidung, wonach der Erlös "einfach" zu verwalten sei bis zur Freigabe, Fall 2.

In Fall 1 hat das Nachlassgericht ohne Rücksicht auf den Antrag eigenmächtig eine Vorgabe getroffen. Dazu führt das Kammergericht aus:

"Jedoch bedürfen die Ausführungen des LG, das NachlG sei im Rahmen des § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB zu einer ,modifizierten‘ Außerkraftsetzung einer Verwaltungsanordnung befugt, einer klarstellenden Einschränkung. Das Gesetz sieht entsprechend seinem Wortlaut lediglich die Möglichkeit vor, dass das Gericht Verwaltungsanordnungen unter bestimmten Voraussetzungen außer Kraft setzt. Dem NachlG wird aber nicht die Befugnis eingeräumt, anstelle einer Verwaltungsanordnung des Erblassers eine eigene Anordnung zu treffen (hier folgen Hinweise auf die Literatur und die einzige abweichende Meinung, s. o. Fn 11 und Fn 18, aber keine Rechtsprechungsnachweise, Anm. des Verf.). Das folgt daraus, dass der Testamentsvollstrecker nicht der Aufsucht des NachlG untersteht ... noch vom Erblasser einer solchen Aufsicht unterstellt werden kann. Vielmehr übt er das ihm zugewiesene Amt aus eigenem Recht gemäß dem letzten Willen des Erblassers und dem Gesetz grundsätzlich selbstständig aus ... Eine Mitwirkung des NachlG findet nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen statt. Dieser Stellung würde es widersprechen, wenn das NachlassG ihn durch eigene Verwaltungsanordnungen beschränken oder binden könnte. Vielmehr hat der Testamentsvollstrecker nach § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB nur solche Anordnungen, die der Erblasser für die Verwaltung durch letztwillige Verfügung getroffen hat, zu befolgen."[54]

Das Kammergericht hat hier im Ergebnis nicht unrecht, argumentiert, aber zumindest für unsere Fragestellung, nicht exakt genug. Das Argument gegen die eigenmächtige Vorgabe der Nachlassgerichts, der Testamentsvollstrecker unterliege nicht der Aufsicht des Nachlassgerichts, was auch der Erblasser nicht anordnen könne, ist ungenau und trifft nicht den Kern des Sache, weil sich der Testamentsvollstrecker hier in einem vom Gesetz eigens vorgesehenen Antragsverfahren an das Nachlassgericht wendet. Er will sich nicht der Aufsicht oder "Kontrolle" des Gerichts unterstellen (dies könnte er auch rechtlich gar nicht, selbst wenn er wollte), sondern er nimmt seine Pflicht zur Antragstellung wahr, um seine Pflichten nach § 2216 Abs. 1 BGB zu erfüllen. Der konkrete Fehler des Nachlassgerichts war, die strikte Bindung an den Antrag des Testamentsvollstreckers außer Acht zu lassen und daher eigenmächtig eine eigene Anordnung zu treffen.

In Fall 1 hat das Kammergericht die Frage der Verletzung der Antragsbindung durch das Nachlassgericht nicht erörtert und sich auch nicht zur Frage geäußert, ob ein Antrag und ein Beschluss, die eine Erblasseranordnung inhaltlich korrigieren, zulässig sein könnten.

Das Nachlassgericht, das nur auf Antrag hin tätig wird,[55] kann auch einem Korrekturantrag wie dem Aufhebungsantrag – wie wir nochmals sehen werden (Teil 3 Abschnitt C.I.) – "nur" stattgeben oder ihn ablehnen, schon gar nicht kann es über den Antrag hinausgehen und eigenmächtig eine eigene Anordnung treffen. Dies ergibt sich, wie das Kammergericht grundsätzlich richtig ausführt, mithin auch für einen Korrekturantrag, aus den fehlenden gerichtlichen Kontrollbefugnissen über den Testamentsvollstrecker: Denn es gibt "kein allgemeines Aufsichtsrecht über den Testamentsvollstrecker",[56] di...

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