Adoptionsvoraussetzung ist weiter, dass zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden entweder bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden (§ 1767 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB) oder die Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu erwarten ist (§ 1767 Abs. 2 Satz 1 iVm § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Ob ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist, ist aufgrund aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.[4] In Rechtsprechung und Literatur haben sich hierfür insbesondere folgende Merkmale herausgebildet: Ein Eltern-Kind-Verhältnis soll eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand voraussetzen, wie ihn sich leibliche Eltern und Kinder typischerweise leisten.[5] Maßgeblich sollen eine dauernde innere seelisch-geistige Verbundenheit sein, wie sie zwischen Eltern und Kind auch nach dessen Volljährigkeit geprägt bleibt,[6] sowie ein soziales Familienband, das seinem ganzen Inhalt nach dem durch die natürliche Abstammung geschaffenen ähnelt.[7]

Weil diese Kriterien einer gerichtlichen Überprüfung oft nur begrenzt zugänglich sind, entscheidet die Rechtsprechung in der Regel unter Zuhilfenahme folgender Indizien darüber, ob ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht: Der Altersunterschied zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden soll demjenigen zwischen leiblichen Eltern und deren Kindern gleichen.[8] Persönlicher Umgang und gegenseitige Mitteilung von wichtigen Familienereignissen sollen ebenso für ein Eltern-Kind-Verhältnis sprechen wie die gegenseitige Unterstützung bei Krankheit und wirtschaftlicher Not.[9] Hingegen sollen Verständigungsschwierigkeiten, Angehörigkeit zu verschiedenen Kulturkreisen oder gesellschaftlichen Schichten sowie das Vorhandensein einer eigenen intakten Familie einem echten Eltern-Kind-Verhältnis tendenziell entgegenstehen.[10] Für die Beurteilung, ob ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist, ist daher entscheidend, wie sich die Beziehung der Adoptionsbeteiligten äußerlich darstellt und ob sie durch nachvollziehbare und glaubwürdige Schilderungen der Betroffenen belegt ist.[11]

Noch größere Schwierigkeiten als die Frage nach einem bereits entstandenen bereitet die Frage nach einem zukünftig entstehenden Eltern-Kind-Verhältnis. Rechtsprechung[12] und Literatur[13] verlangen, dass sich die Erwartung auf vergangene und gegenwärtige Umstände stützt. Aufgrund der Gesamtumstände darf kein Zweifel daran bestehen, dass sich die Beziehungen zwischen den Beteiligten intensivieren werden. Zur Feststellung stellt die Rechtsprechung auch insoweit auf die vorstehend dargelegten Indizien ab.

[4] Vgl. anstatt aller nur BayObLG, FamRZ 1997, 638, 639.
[5] Vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 2006, 573, 574 = DNotZ 2006, 129, 131; OLGR Karlsruhe 2006, 142, 143 = NJW-RR 2006, 364, 365.
[6] Vgl. OLG Karlsruhe, aaO; BayObLG, StAZ 2000, 172, 173.
[7] Vgl. OLG Karlsruhe, aaO; BayObLG, NJW 1985, 2094 = StAZ 1985, 203, 204.
[8] Vgl. Soergel/Liermann,13. Aufl. 2000, § 1767 Rn 7; Staudinger/Frank (o. Fn 3), § 1767 Rn 16 jeweils mwN aus der Rechtsprechung.
[9] Vgl. etwa OLG Köln, FamRZ 1982, 844, 845.
[10] Vgl. etwa OLG Karlsruhe, FamRZ 1991, 226, 227 = StAZ 1991, 111, 112; OLG Frankfurt, OLGZ 1980, 104 = FamRZ 1980, 503; OLG Zweibrücken, FamRZ 1983, 533, 535; OLG Düsseldorf, StAZ 1985, 163, 164; BayObLG, OLGZ 1980, 104.
[11] Vgl. Erman/S. C. Saar (o. Fn 3), § 1767 Rn 4; Soergel/Liermann (o. Fn 8), § 1767 Rn 6; Staudinger/Frank (o. Fn 3), § 1767 Rn 16.
[12] KG, FamRZ 1982, 641; OLG Zweibrücken, NJWE-FER 1998, 295 = FamRZ 1999, 1690; OLG Frankfurt, FamRZ 1980, 503.
[13] Vgl. etwa Soergel/Liermann (o. Fn 8), § 1767 Rn 7; Staudinger/Frank (o. Fn 3), § 1767 Rn 18.

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