(a) Auflösung und Neuanlage
Auslegungsprobleme entstehen insbesondere dann, wenn der Erblasser vermachte Konten oder Sparbücher nach Testamentserrichtung auflöst. Legt er das aus der Auflösung erhaltene Guthaben wieder neu an, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob das neu eröffnete Konto/Sparbuch als Surrogat gilt.[26] Der hypothetische Erblasserwille wird regelmäßig darauf gerichtet sein, das neu eröffnete Konto/Sparbuch als Surrogat anzusehen, insbesondere wenn der angelegte Betrag unverändert bleibt[27] und es sich um dieselbe Anlageform (z. B. Sparkonto) handelt. Bei einer Anlage in einer gänzlich anderen Anlageform (z. B. geschlossener Immobilienfonds statt Sparbuch) dürfte dagegen regelmäßig die Neuanlage nicht mehr als Surrogat als vermacht anzusehen sein. Ob sich das Forderungsvermächtnis dadurch in ein Geldvermächtnis umwandelt, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.[28]
(b) Eröffnung weiterer Konten
Wendet der Erblasser dem Vermächtnisnehmer näher bezeichnete Kontoguthaben bei einem Kreditinstitut zu und eröffnet zwischen Testamentserrichtung und Erbfall weitere Konten, die er mit Mitteln seines sonstigen Vermögens speist, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob das Vermächtnis auch die neu eröffneten Konten und damit die beim Erbfall auf diesen vorhandenen Kontoguthaben umfasst. Im Regelfall wird der Wille des Erblassers aber nur die bei Abfassung der letztwilligen Verfügungen vorhandenen Konten umfassen, da sich für den Willen, auch künftig entstehende neue Forderungen zu umfassen, im Testament regelmäßig kein Anhaltspunkt finden wird, insbesondere wenn auf den neu eröffneten Konten Erlöse aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern gutgeschrieben werden, die dem Vermächtnisnehmer nicht zugedacht waren.[29]
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