§ 35 GBO ist nicht erbrechtlich zu qualifizieren. Die Norm ist demgemäß selbst bzw. auch bei in der Sache anwendbarem ausländischem Erbrecht anwendbar. Diese vom Erbstatut unabhängige Anwendbarkeit des § 35 GBO lässt sich zum einen damit begründen, dass es sich bei dieser Norm um eine zwingende Vorschrift der deutschen lex rei sitae handelt.[36] Da § 35 Abs. 1 S. 1 GBO dem Erbschein im Grundbuchverfahren die Stellung als einzig umfassendes Beweismittel für den Nachweis der Rechtsnachfolge von Todes wegen beimisst,[37] lässt sich die Anwendbarkeit dieser Vorschrift bei Maßgeblichkeit ausländischen Erbrechts auch über eine verfahrensrechtliche Qualifikation begründen. Denn der lex fori kommt die Entscheidung darüber zu, welche Beweismittel zum Nachweis einer Tatsache im gerichtlichen Verfahren Berücksichtigung finden.[38] § 35 Abs. 1 GBO ist damit (auch) gemäß dem für verfahrensrechtliche Fragen geltenden Lex-fori-Grundsatz anwendbar.[39]

[36] Reinhold Geimer in: FS Ferid (1988), 89, 118 (unter Fn 23).
[37] MüKo/Jörg Mayer, BGB IX, 5. Aufl. (2009), § 2353 Rn 164 f u. § 2365 Rn 24; siehe auch Roth in: Meikel, Grundbuchrecht II, 7. Aufl. (1988), § 35 Rn 8.
[38] Geimer (o. Fn 11), Rn 2260; Schack (o. Fn 8) Rn 679.
[39] Zum lex fori-Grundsatz statt vieler Kropholler (o. Fn 14), 595 f; MüKo/Sonnenberger (o. Fn 31), Einleitung IPR Rn 429.

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