1. Bei der erläuternden Testamentsauslegung kommt es bei einem gemeinschaftlichen Testament nicht allein auf den Willen eines Ehepartners an, sondern es ist auf den gemeinsamen Willen der Eheleute abzustellen, der für den jeweiligen Erklärungsempfänger erkennbar war. Die erläuternde Testamentsauslegung hat zum Ziel, den wirklichen Willen der Eheleute zu erforschen. Der Wortsinn der benutzten Ausdrücke ist zu hinterfragen, um festzustellen, was die Eheleute mit ihren Worten sagen wollten. Zur Ermittlung des Inhalts der einzelnen Verfügung ist der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde einschließlich aller Nebenumstände, auch solche außerhalb des Testaments, heranzuziehen und zu würdigen.

2. Als "Berliner Testament" wurde ursprünglich bezeichnet, wenn jeder Ehegatte den anderen als seinen Vorerben einsetzte, einen Dritten als seinen Nacherben und diesen zugleich für den Fall des eigenen Überlebens als seinen Ersatzerben, da diese Gestaltung im gemeinen und preußischen Recht als vorherrschend galt. Heute wird diese Bezeichnung als Oberbegriff für Testamente nach § 2269 BGB verwendet oder sogar unhistorisch für solche mit Einheitslösung.

3. Aufgrund von Begleitumständen kann der Begriff "Berliner Testament" ausnahmsweise als Andeutung ausreichend sein, sodass eine eindeutige und formwirksame Erbfolge angenommen werden kann. Dem steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass das Testament die drei Söhne nicht ausdrücklich erwähnt.

OLG Celle, Beschl. v. 7.7.2022 – 6 W 77/22

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