Auf einen Blick

Bei der Beratung zur Regelung des Nachlasses und im Nachlassverfahren bezüglich in Deutschland lebender Kroaten ist stets zu prüfen, welches Recht zur Anwendung kommt. Das deutsche und das kroatische Erbrecht haben Gemeinsamkeiten, weisen aber auch erhebliche Unterschiede auf. So erbt nach kroatischem Recht auch der nichteheliche Lebensgefährte, gemeinschaftliche Testamente sind grundsätzlich unzulässig, ein pauschalierter Zugewinn im Erbrecht existiert nicht und die Haftung ist auf den Nachlass beschränkt.

Nach bisheriger Rechtslage ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen eines kroatischen Staatsbürgers, der in Deutschland lebt, kroatisches Recht anzuwenden, sofern nicht eine Rechtswahl in Bezug auf unbewegliches, in Deutschland belegenes Vermögen getroffen wurde. Zuständig für das Nachlassverfahren sind aus Sicht der jeweiligen Rechtsordnungen die Nachlassgerichte beider Länder, sodass – sofern in beiden Ländern Vermögen vorhanden ist – in der Regel zwei Nachlassverfahren geführt werden.[43]

Seit dem 17.8.2015 gilt die EuErbVO für künftige Erbfälle. Danach richten sich die Zuständigkeit und das anwendbare Recht nach dem Recht des Staates des letzten gewöhnlichen Aufenthalts. Eine Rechtswahl zugunsten des Rechts, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besitzt, ist möglich. Die Definition des gewöhnlichen Aufenthalts bereitet Schwierigkeiten; die Rechtspraxis ist abzuwarten. Bei "Pendlern" ist zu befürchten, dass es zu Parallelverfahren in beiden Ländern kommt. Es kann sein, dass aufgrund der Gesamtumstände auch auf in Deutschland lebende Kroaten weiterhin kroatisches Erbrecht anzuwenden ist. Bei der Erstellung von Testamenten sollten hierzu Ausführungen erfolgen. Sofern der gewöhnliche Aufenthalt eindeutig ist, kann auch nur noch ein Gericht zuständig sein, sodass nur noch ein Erbverfahren durchzuführen ist. Das vom zuständigen Gericht ausgestellte Europäische Nachlasszeugnis ist auch im anderen Mitgliedsstaat unmittelbar gültig.

Autor: Von Rechtsanwältin Ivana Mikulić, LL.M., Maître en Droit, München[1]

ZErb 9/2015, S. 272 - 276

[43] Das liegt auch daran, dass etwa Banken und Grundbuchämter auf der Vorlage eines inländischen Erbscheins bestehen; das Bestehen der Banken auf einen inländischen Erbschein trotz Vorlage eines ausländischen Erbscheins des Heimatstaatengerichts ist allerdings rechtlich fragwürdig, vgl. BGH NJW 2013, 3716; Schimansky/Bunte/Lwoski, Banken-Handbuch, 4. Aufl. 2011, § 10 Rn 5 ff.
[1] Die Autorin ist Rechtsanwältin und Partnerin der Sozietät Schön Mikulic Rechtsanwälte und Vertrauensanwältin des Generalkonsulats der Republik Kroatien in München.

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