Mediation ist bei der Suche nach Lösungen nicht an objektiv-typisierte Rahmenbedingungen gebunden. Subjektive Gesichtspunkte – und damit gerade auch die individuelle Situation der Miterben! – können genauso eine Rolle spielen.[64] Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass eine subjektiv nachvollziehbare und damit von allen Beteiligten akzeptable Lösung gefunden werden kann. Hier liegt ein ganz erheblicher Vorteil der Mediation. Im Gegensatz dazu sind nach den gegenwärtig geltenden Teilungsvorschriften – und sicher auch bei einem Konzept, das dem Richter die Zuteilung überlässt – allein objektive Kriterien relevant.

Subjektive Gesichtspunkte können beispielsweise bei der Bewertung von Nachlassgegenständen mit einfließen. Nach den Angaben von Brandt[65] spielen sie hier sogar eine nicht zu unterschätzende Rolle. Das hat sehr vorteilhafte weitere Effekte. Wenn es auf diese Weise nämlich gelingt, die zur Verteilung anstehenden Nachlassgegenstände auf eine von allen Parteien getragene Art zu bewerten, dann kann auf teure Gutachten (und häufig auch Gegengutachten) verzichtet werden, die im Rahmen einer streitigen gerichtlichen Auseinandersetzung eingeholt werden müssten. Ist man auf Gutachten angewiesen, bedeutet das häufig auch einen sehr großen Zeitverlust; man denke nur an die aufwendige Bewertung von Immobilien oder Gemälden.

Generell bietet die Mediation die Chance, dass über eine Lösung aufgrund von Fairnesskriterien verhandelt wird, die die Miterben jeweils für sich selbst benannt haben. In der Tat ist es eine Etappe im Verlauf der Erbmediation, dass die Miterben für sich selbst herausarbeiten und formulieren, wann aus ihrer Sicht eine gerechte Teilung vorliegt.[66] Derartige eigene Fairnesskriterien schaffen den Boden für eine Lösung, die alle akzeptieren können. Von Vorteil ist es dabei natürlich, wenn die Miterben die Fairnesskriterien der jeweils anderen möglichst weitgehend akzeptieren können.

[64] Vgl. BVerfG, NJW 1973, 1074.
[65] ZEV 2010, 133, 135.
[66] Brandt, ZEV 2010, 133, 135 mit Beispielen für eigene Fairnesskriterien in einem individuellen Fall.

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