Entgegen der Auffassung des KG[68] bedürfte es, selbst wenn man den Erben als "Anderen" im Sinne des § 88 Abs. 3 TKG ansehen würde, keiner gesonderten gesetzlichen Ermächtigung im Sinne des § 88 Abs. 3 S. 3 TKG (sog. "kleines Zitiergebot"), um den Erben den Zugang zu den auf dem Server eines Providers gespeicherten Daten zu ermöglichen. Das KG irrt vor diesem Hintergrund, wenn es ausführt: "Soweit es durch die fortschreitende Digitalisierung und die rechtsfortbildende Anerkennung eines digitalen Nachlasses zu einem Konflikt zwischen dem Erbrecht und dem geschützten Fernmeldegeheimnis kommt, fehlt es somit bereits an einem Willensentschluss des Gesetzgebers, diesen Konflikt zu Lasten der Fernmeldegeheimnisses zu lösen." Das Gegenteil ist der Fall: Wie vorstehend dargelegt, geht der Gesetzgeber gerade davon aus, dass das gesamte Vermögen des Erblassers gemäß § 1922 BGB übergeht, es sei denn, dass sich aus dem Gesetz ausdrücklich die Unvererbbarkeit einer Rechtsposition ergibt.[69] Da das Gesetz aber nun mal die Vererbbarkeit von bestimmten Vermögenspositionen im digitalen Nachlass des Erblassers (bislang) nicht einschränkt, geht der Ruf nach einer spezifischen Ermächtigungsvorschrift im Sinne des § 88 Abs. 3 S. 3 TKG ins Leere, da es einer solchen aufgrund des sich aus § 1922 BGB ergebenden Grundsatzes der Universalsukzession nicht bedarf.

Die Auffassung des KG, für den Postbrief habe der Gesetzgeber mit § 39 Abs. 4 PostG ausdrücklich eine Ermächtigungsgrundlage dafür geschaffen, dass die Post Briefpost auch an andere Personen als den Empfänger aushändigen darf und es für E-Mails etc. gerade an einer entsprechenden (Ermächtigungs-)Vorschrift fehle,[70] vermag nicht zu überzeugen: Dabei wird verkannt, dass der Erbe kraft seiner Rechtsposition schon nicht als "Ersatzempfänger" des Erben im Sinne des § 39 Abs. 4 PostG anzusehen ist.[71]

Nach alledem, stellt sich auch die teilweise in der Literatur diskutierte Frage, ob § 1922 BGB als Ermächtigungsgrundlage im Sinne des § 88 Abs. 3 S. 3 TKG gesehen werden kann[72], bei Lichte betrachtet nicht. Gleichfalls bedarf es mithin auch keiner Ergänzung des § 88 TKG um eine ausdrückliche Ermächtigung zugunsten der Erben, wie dies unter anderem vom DAV vorgeschlagen wird.[73] Mangels Anwendbarkeit des § 88 Abs. 3 TKG gegenüber den Erben, bedarf es auch keiner Einwilligung der Kommunikationspartner – was in der Literatur[74] und auch durch das KG[75] diskutiert wird –, um diesen den Zugang zu dem Account des Erblassers zu verschaffen.

[68] KG, BeckRS 2017, 111509, Rn 81.
[69] Siehe hierzu oben unter II. 3. aa) a) sowie Fn 30.
[70] KG, BeckRS 2017, 111509, Rn 86; so auch Deusch, ZEV 2014, 2, 5.
[71] So auch Pruns, NWB 2014, 2175, 2181, mit zutreffendem Verweis auf § 4 Abs. 3 der AGB der Deutschen Post AG, in welchem die für einen Ersatzempfänger infrage kommenden Personen (abschließend) aufgeführt sind. Der Erbe wird hier nicht genannt.
[72] Vgl. nur Mayen/Zuck, DAV-Stellungnahme, S. 81; Salomon, NotBZ 2016, 324, 327; Deusch, ZEV 2014, 2, 5; Steiner/Holzer, ZEV 2015, 262, 264.
[73] Mayen/Zuck, DAV-Stellungnahme, S. 81; Salomon, NotBZ 2016, 324, 327; Deusch, ZEV 2014, 2,5.
[74] Vgl. nur Mayen/Zuck, DAV-Stellungnahme, S. 75 ff; Pruns, NWB 2014, 2175, 2184; Kutscher, Der digitale Nachlass, 2015, S. 139 f; Pruns, ZErb 2017, 217 ff (in diesem Heft).
[75] KG, BeckRS 2017, 111509, Rn 92 ff.

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