Bei einem Leibgedingsvertrag handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, das zu einer engen Verknüpfung der beiderseitigen Lebensverhältnisse führt. Diese enge Verknüpfung kann nicht ohne nachteilige Folgen für beide Vertragsparteien wieder gelöst werden.[44] Die landesrechtlichen Ausführungsvorschriften zum Leibgeding sehen daher zumeist den Ausschluss des Rücktritts vom Vertrag gemäß den §§ 323, 326 und 527 Absatz 1 BGB vor,[45] selbst wenn nach den allgemeinen Bestimmungen des BGB ein Rücktritt wegen Verzug oder Unmöglichkeit in Betracht käme. Die Rechtsprechung hat den Ausschluss des Rücktrittsrechts auch auf andere mögliche Anspruchsgrundlagen ausgedehnt,[46] wie beispielsweise den Rücktritt gemäß § 324 BGB wegen Verletzung einer nicht leistungsbezogenen Vertragspflicht nach § 241 Absatz 2 BGB,[47] den Rücktritt gemäß den §§ 313 Absatz 3, 314 BGB[48] sowie der Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 Absatz 1 BGB.[49]

Abgesehen von diesem Bereich der engeren Leistungsstörungen können sich während der Laufzeit des Vertrags die dem Vertragverhältnis zugrunde liegenden persönlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Voraussetzungen wandeln und Änderungen hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen erforderlich machen. So kann etwa der Bedarf des Leibgedingsberechtigten infolge Krankheit steigen, die Leistungsfähigkeit des Leibgedingsverpflichteten kann verschuldet oder unverschuldet sinken und die Geldentwertung kann eine Anpassung der Geldzahlungen erforderlich machen. In systematischer Hinsicht gehört auch die Umwandlung der Naturalleistungen in eine Geldersatzrente hierher, da Grund einer entsprechenden Umwandlung eine Veränderung in den persönlichen Verhältnissen der Parteien ist.[50] Da ein Rücktritt auch in diesen Fällen ausgeschlossen ist, ist die Möglichkeit, die vertraglichen Leistungen an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen, umso wichtiger.[51]

[44] BayObLGZ 1989, 479 (482).
[45] Vgl. bspw. § 13 Absatz 1 BW-AGBGB; Art. 15 § 7 Pr-AGBGB; Art. 17 Bay-AGBGB. Vgl. auch Staudinger-Albrecht, Art. 96 EGBGB, Rn 41. § 13 Absatz 2 BW-AGBGB lässt einen Rücktritt allerdings zu, "wenn der Schuldner wegen einer Vertragsverletzung zu einer ihm obliegenden Leistung rechtskräftig verurteilt wurde und danach die Pflichten aus dem Vertrag erneut schuldhaft verletzt."
[46] Ausführlich hierzu Staudinger-Albrecht, Art. 96 EGBGB, Rn 42.
[47] BGHZ 3, 206 (210); BGH NJW 1981, 2568 (2569); BayObLGZ 1995, 186 (190).
[48] BayObLGZ 1989, 479.
[50] Dieser Problemkreis ist landesrechtlich geregelt. Diese Spezialregelungen verdrängen insoweit § 313 BGB. Vgl. hierzu BayObLGZ 1989, 479 (481); Erman-Hohloch, § 313 BGB, Rn 48.
[51] MüKo-Habersack, Art. 96 EGBGB, Rn 31 f.

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