Das LG hat die negative Feststellungsklage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

Die negative Feststellungsklage ist zulässig. Das Nichtbestehen einer Ausgleichungspflicht stellt eine Vorfrage im Rahmen der Erbauseinandersetzung dar. Das hier zu beurteilende Rechtsverhältnis ist auch ein gegenwärtiges und kein erst künftig entstehendes Rechtsverhältnis (siehe insoweit: Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 256 Rn 3 a). Vorliegend ist der Erbfall eingetreten und die Beklagte hat gemäß den zutreffenden Ausführungen des LG mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26.11.2020 das Bestehen der Ausgleichspflicht hinsichtlich des zu Lebzeiten übertragenen Grundbesitzes auf den Kläger behauptet. Das Vorliegen eines Feststellungsinteresses auf Seiten des Klägers ist somit zu bejahen.

Der Senat ist aber mit dem LG der Überzeugung, dass es sich bei der Übertragung der Grundstücke von der Erblasserin auf den Kläger im Jahr 1987 um eine ausgleichspflichtige Zuwendung i.S.v. § 2050 Abs. 3 BGB gehandelt hat. Die Feststellungsklage ist somit unbegründet.

Gem. § 2050 Abs. 3 BGB sind "andere Zuwendungen unter Lebenden" zur Ausgleichung zu bringen, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat. Anders als die von § 2050 Abs. 1 BGB erfasste Ausstattung sind die "anderen Zuwendungen des Erblassers unter Lebenden" an seine Abkömmlinge somit nur bei entsprechender Anordnung des Erblassers vor oder bei der Zuwendung ausgleichspflichtig. Die Anordnung kann hierbei auch stillschweigend geschehen, muss aber so getroffen werden, dass der Empfänger sie erkennen und die Zuwendung ablehnen kann. Erfolgt in einem Übergabevertrag ohne weitere Bestimmung eine Zuwendung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, ist es Auslegungsfrage, was der Erblasser anordnen wollte (BGH, Urt. v. 21.1.2023 – IV ZR 91/09, juris). Ausschlaggebend ist, ob eine teilweise Enterbung der nicht am Übertragungsvertrag Beteiligten festgelegt werden soll oder der Empfänger der Übertragung nur zeitlich vorgezogen bedacht sein soll und es im Übrigen bei den rechtlichen Wirkungen einer Zuwendung im Erbfall verbleiben soll (Ausgleichung). Dies erfordert eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände (Grüneberg/Weidlich, BGB, 81. Aufl., § 2050 Rn 10; BGH, Urt. v. 27.1.2010 – IV ZR 91/09, beck-online). Was die Darlegungs- und Beweislast angeht, liegt diese bei demjenigen, der aus der Ausgleichung Rechte herleiten will (OLG Koblenz, Beschl. v. 10.4.2012 – 5 W 166/12, juris).

Der Grundstücksübertragungsvertrag des Notars G. vom 16.3.1987 enthält keine ausdrückliche Anordnung der Erblasserin, die streitgegenständliche Zuwendung in Gestalt der Grundstücksübertragung zur Ausgleichung zu bringen. Unter Punkt I. des Grundstückübergabevertrags ist aber geregelt, dass die Erblasserin dem Kläger den Grundbesitz im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen hat. Wie das LG erkennt auch der Senat nicht, welchen Sinn diese gewählte Formulierung ("im Wege der vorweggenommenen Erbfolge") haben sollte, wenn die Grundstücksübertragung dann beim späteren Eintritt der tatsächlichen Erbfolge (Versterben der Erblasserin) in keiner Weise anzurechnen wäre. In diesem Fall würde die (eigentliche) Erbfolge gerade nicht (mehr) eintreten. Es finden sich auch weder in dem Grundstücksübergabevertrag noch in den sonstigen im Laufe des Rechtsstreits vorgelegten Unterlagen Hinweise darauf, dass die Erblasserin den Kläger durch die vorzeitige Grundstücksübertragung in irgendeiner Weise bevorzugen bzw. die Schwester des Klägers benachteiligen, also im Ergebnis partiell aus der Erbfolge herausnehmen wollte. Selbiges wird von dem Kläger auch nicht dargetan. Diesem Ergebnis steht – in Widerspruch zu der mit der Berufung vertretenen Auffassung des Klägers – auch nicht der Umstand entgegen, dass dieser gemäß Punkt II. des Grundstücksübergabevertrags vom 16.3.1987 auch die auf dem Grundbesitz lastenden Buchgrundschulden übernommen hat. Die auf dem Grundbesitz lastenden Grundschulden führten zu einer Wertminderung des "damaligen" Erbes des Klägers, wobei der Kläger nun nicht daran gehindert ist, diese Wertminderung im Rahmen der gem. § 2050 Abs. 3 BGB durchzuführenden Ausgleichung zu seinen Gunsten in Ansatz zu bringen. An seiner grundsätzlich bestehenden Ausgleichungspflicht ändert dies indes nichts.

Die Klage ist damit zu Recht abgewiesen worden.

Da die Berufung somit insgesamt keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat aus Kostengründen die Rücknahme des Rechtsmittels nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 140.000,00 EUR festzusetzen.

ZErb 7/2023, S. 265 - 266

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